piwik no script img

Foto: Markus Hintzen/laif

Naturschutz am ehemaligen TodesstreifenDer grüne Grenzer

Schon als Schüler macht sich Kai Frobel auf, um an der „Zonengrenze“ Vögel zu beobachten. Nach der Wende initiiert er dort das „Grüne Band“.

D ie Sonne hat an diesem Augusttag den Zenit gerade überschritten. Umsichtig lenkt Kai Frobel dorthin, wo das Grüne Band im weiten Umkreis am schattigsten ist, am grünsten und auch am feuchtesten. Als er auf dem Kolonnenweg aus dem Auto steigt, zieht er aber erst einmal ein leicht vergilbtes Blatt aus der Mappe. Und plötzlich wundert er sich, dass er dieses Papier noch immer so selbstverständlich mit sich herumträgt, wo es doch längst in ein Archiv gehörte. „Die Teilnehmer des Naturschutz-Treffens in Hof am 9. 12. 1989 fordern, das grüne Band des Grenzstreifens der DDR als zusammenhängendes Naturschutzgebiet umgehend zu sichern.“

Frobel liest halblaut, was er vor fast 31 Jahren geschrieben hat. Nach einer Weile streicht er übers Papier und steckt das Dokument in die Klarsichthülle zurück. Dieser Zettel spricht zum ersten Mal vom Grünen Band als zukünftige Bestimmung für die innerdeutsche Grenze, die nur einen Monat zuvor als Bauwerk der Unterdrückung ausgedient hatte.

Inzwischen ist die Marke „Grünes Band“ rechtlich geschützt und der insgesamt knapp 1.400 Kilometer lange, aber im Schnitt nur rund 120 Meter breite Streifen in Thüringen und Sachsen-Anhalt zum Nationalen Naturmonument erhoben. Die anderen Länder wollen folgen. Seinen Anfang aber nahm alles mit Kai Frobel und seinem Zettel.

Zwischen Bayern und Thüringen räkelt sich die Föritz

Frobel schreitet über eine Wiese. Vorbei an Birken führt er in ein Erlendickicht hinein, es wird kühler, die Augen gewöhnen sich nur langsam an das Dunkel, da murmelt wie zur Begrüßung die Föritz, die sich hier zwischen Thüringen und Bayern so wunderbar räkelt. Wenn es noch einer Begründung für das Grüne Band bedürfte, dann wäre es dieses Flüsschen. Insgesamt vielleicht zwei Kilometer mäandert es so ungestört wie sonst nirgends auf dem kurzen Weg, bevor sich seine Wasser über zwei weitere Flüsschen in den Main ergießen.

Kai Frobel, 61 Jahre alt, streckt die Beine aus, als wäre er hier zu Hause, und blickt ins Wasser, das sich von den Gewittern der letzten Tage eingetrübt hat. „Das war hier eine Ecke, wo ich sehr gern gewesen bin.“ Und irgendwie ist Frobel hier ja auch zu Hause. Auf sein Heimatdorf im Stei­nachtal hat er heute schon hingewiesen. Von dort aus machte sich Frobel als Jugendlicher zur „Zonengrenze“ auf. Den Männern vom Bundesgrenzschutz war der Sohn des Landarztes vertraut, auch wenn sie seine Leidenschaft nicht verstanden. Dass ein Abiturient freiwillig morgens um halb fünf zur Grenze aufbricht, um Vögel zu beobachten, war kaum zu begreifen.

Das Grüne Band an der früheren innerdeutschen Grenze

30 Jahre Einheit Zum Jahrestag der deutschen Einheit wird die taz bis zum 3. Oktober das Grüne Band erkunden, jenen knapp 1.400 Kilometer langen Streifen, der einst als schwer gesicherte Grenze Deutschland teilte. Heute ist es ein Flächendenkmal, das über 140 Biotoptypen mit zahlreichen Erinnerungsstätten verbindet. In Thüringen und Sachsen-Anhalt ist es inzwischen als „Nationales Naturmonument“ geschützt. Die drei anderen ostdeutschen Länder wollen folgen.

Die Erkundung Wir erkunden am Grünen Band unter anderem, welche Naturräume es zu entdecken gibt. Aber es geht auch darum, wie die Menschen auf beiden Seiten der ehemaligen Grenze zusammenleben, wie die Erinnerung an den ehemaligen Todesstreifen wachgehalten wird und ob die deutsche Teilung für die junge Generation überhaupt noch relevant ist.

Frobel hat in der Föritz, genau auf der Grenzlinie, Vögel und Muscheln gezählt und in Karten übertragen, das Schild „Achtung, Bachmitte Grenze, Bundesgrenzschutz“ im Rücken. Seelenruhig hat er das wohl nicht getan? An dieser Stelle beschrieb die Grenze eine schmale, tiefe Ausbuchtung nach Süden, erzählt Frobel. Die DDR war mit ihrem Sperrwerk dem Grenzverlauf mit seinen Launen nicht immer gefolgt, sondern nahm Begradigungen vor. Zwischen dem Streckmetallzaun und der tatsächlichen Grenzlinie lag ein etwa hundert Meter breiter Streifen, der im Falle eines „Grenzdurchbruchs“ als Schussfeld diente. Für diesen Streifen hatte sich der Begriff „Niemandsland“ eingebürgert. Offiziell allerdings war die Brache „vorgelagertes Hoheitsgebiet der DDR“. Frobel musste mit Grenzaufklärern rechnen, die vor dem Zaun das Vorland „feindwärts“ erkundeten.

Wo Flüsse die ehemalige Grenze queren oder sie bilden, denkst du oft, du bist außerhalb der Welt

Kai Frobel, über das Biotop an der Föritz

Es ist still, nur die Föritz flüstert. Wo sitzen wir jetzt eigentlich? In Bayern? Thüringen? „Wo Flüsse die ehemalige Grenze queren oder sie bilden, denkst du oft, dass du außerhalb der Welt bist“, sinniert Frobel und klingt wie ein Romantiker. Als ob man die Erde ganz für sich hätte. Jedenfalls fast. Was da mit dunklen Flügeln über dem Wasser tanzt, können nur zwei Schmetterlinge sein? „Nein“, sagt Frobel, „das sind Blauflügel-Prachtlibellen.“ Unstet hüpfen die zwei in der Luft. Es ist eine Brautwerbung. Vier verschiedene Flusswasserlibellen finden sich hier, erzählt Frobel. Die meisten stehen auf der Roten Liste gefährdeter Tiere.

Schnell ist Frobel bei den überaus fragilen Bedingungen, die so ein Biotop ausmachen. Diese Libellen leben nicht an Seen, sondern am liebsten an kleinen schattigen Flüssen mit sandigem Grund, das Wasser muss sauber sein und fließen. Hier fühlen sie sich wohl. So wie die Bachmuschel. Frobel hat zwei Schalen aus der Weste gezogen. „Die stecken so drin im Grund“, zeigt er, mit der Spitze nach oben, und filtern das Wasser. „Das ist ein Zaunkönig, der da schimpft“, sagt Frobel und blickt suchend nach oben.

Ein grünes Band: Drohnenaufnahme des ehemaligen Todesstreifens Foto: Markus Hintzen/laif

Kai Frobel ist Naturmensch, von Kindheit an. Sein Vater habe ihn immer wieder zu Hausbesuchen mitgenommen, im Gepäck stets Fernglas, Bestimmungsbuch und Fotoapparat. Zwischen den Besuchen haben sie Tiere beobachtet, gern Vögel. Warum Vögel? „Sie sind auffällig und gute Indikatoren.“ Grenzanlagen sind für sie kein Hindernis. Im Gegenteil. Wie auf einer Perlenschnur saßen Goldammer und Braunkehlchen auf dem Streckmetall, erzählt Frobel. „Man konnte mit dem Fernglas den Zaun absuchen.“ Und das „Niemandsland“ war bestens geeignet für Bodenbrüter.

Mit dem Feldstecher Eisvögeln nachgespürt

„Man ist, wenn man ein bisschen Gespür für Natur hat, über den Artenreichtum gestolpert“, sagt Frobel. Irgendwann begann der Oberschüler Kai Frobel, diesen Reichtum systematisch zu erfassen. Jeden Neuntöter, Eisvogel, Braunkehlchen trug er in Karten ein. Bald kannte Frobel den gesamten Grenzabschnitt zwischen Coburg und Kronach, hat den Zaun mit dem Feldstecher abgesucht und wurde dabei von DDR-Grenzern observiert. Es gibt ein Bild aus jener Zeit, da lächelt ein junger Mann in die Kamera, halblanges Haar, mit Parka und Gummistiefeln, im Hintergrund Gebüsch und Wiese.

Frobel fand Mitstreiter. Unterstützt von einem Biologielehrer und Mitschülern weitete er das Projekt aus. Denn was nutzt es, die Vogelwelt auf einer kleinen Fläche zu dokumentieren? Man braucht Vergleiche. Quadratkilometer für Quadratkilometer wurden erfasst. Aus dem Oberschüler war ein Student geworden, schließlich waren tausend Quadratkilometer bis nach Bamberg kartiert, darunter der 140 Kilometer lange bayrische Grenzstreifen zur DDR, zehn Prozent des späteren Grünen Bandes. „Wir hatten eine fachlich saubere Vergleichsbasis“, sagt Frobel. Und die Unterschiede, die zutage traten, waren dramatisch. „Es gab 120 Brutpaare von Braunkehlchen, davon 110 im Grenzstreifen.“ Mit ersten Ergebnissen traten die Naturschützer 1980 vor die regionale Presse, ihr Motto: „Todesstreifen – letzter Zufluchtsort?“

Kai Frobel damals 21 Jahre alt, ist heute 61, promovierter Geo-Ökologe, Honorarprofessor in Bayreuth und Artenschutzreferent beim Bund Naturschutz, dem bayrischen Ableger des BUND, für den er das Projekt Grünes Band betreut. Das Fernglas trägt er auch jetzt bei sich. Wen hat Frobel nicht schon alles zur Föritz geführt – Fernsehteams, Delegationen aus Korea. Südkorea sei sein zweiter Wohnsitz, hatte er heute schon gescherzt. Tatsächlich war er schon sechs Mal zu Vorträgen dort. Flora und Fauna sind in Korea nach deutschem Vorbild erfasst, und einen botanischen Garten gibt es auch schon an der knapp 250 Kilometer langen Demilitarisierten Zone zu Nordkorea. Naturschützer haben alles vorbereitet. Der Rest ist Politik.

Plötzlich zittern Äste und ein Monstrum durchbricht das Dickicht. Eigentlich ist der Traktor zu groß für die Wiese. Mit seinem Schneidwerk mäht er das Gras, das wie ein dichtes, endloses Kissen daliegt. Alles in Ordnung, bedeutet Frobel. Der Bauer sei Vertragslandwirt des BUND, dem die Wiese gehört. Im Spätsommer erfolgt die einzige Mahd, das Brutgeschäft der Braunkehlchen ist längst vorbei. Dafür besteht die Hoffnung, dass sich Orchideen ansiedeln.

Der Bauer stoppt. „Ich bin Kai Frobel vom BUND.“ – „Ich weiß“, grient der Landwirt und fährt in dem oberfränkischen Idiom fort, das für norddeutsche Ohren kaum zu enträtseln ist. So viel lässt sich sagen: Wie es denn den Eltern gehe, fragt der Endsechziger, der offenbar nur beste Erinnerungen an den Landarzt hat. Und vielleicht auch an den Sohn, der damals diesem seltsamen Hobby nachging. Nach kurzem Palaver wirft der Bauer den Motor wieder an und frisst sich in die Wiese hinein.

Der alternative Jakobsweg

Nicht überall schaut das Grüne Band so eindrucksvoll erhalten aus wie an der Föritz. Aber es vereint auf seinem Weg durch Deutschland 146 verschiedene Biotoptypen mit über 1.200 Tier- und Pflanzenarten, die auf der Roten Liste stehen. Vieles erschließt sich allerdings erst auf den zweiten Blick. Am Vormittag hatte Frobel zu einer Stelle geführt, Büsche, Grashalme und vier Kühe, die unter einem Apfelbaum Schatten suchten. „Ein Stück weit unspektakulär“, hatte er eingeräumt. Zeit sollte man schon mitbringen, wenn man den alten Kolonnenweg betritt, dessen gelochte Betonplatten nahezu das gesamte Band begleiten. So etwas wie Einkehr könnte auch helfen. Dass das Grüne Band zum alternativen Jakobsweg werden möge, das hatte Frobel heute schon geäußert.

Und dann ist da noch die ganz andere Ebene dieses Denkmals. Frobel hält an stoppelkurzem Rasen, akkurat gepflanzten Obstbäumchen, mittendrin ein kleiner Hain. „Hier stand das Dorf Liebau, erstmalig erwähnt 1317, 1952 Flucht aller Dorfbewohner, 1975 Abriss des Dorfes auf Anordnung des SED-Regimes“, berichtet ein Stein, der wie eine Grabplatte wirkt. An der innerdeutschen Grenze kamen nicht nur Menschen um, auch Dörfer.

Zunächst ließ die SED, nachdem die Alteinwohner nach Bayern geflüchtet waren, Liebau zu einem sozialistischen Musterdorf ausbauen. Die Genossen träumten von einem Schaufenster in den Westen, ließen linientreue DDR-Bürger ansiedeln und moderne Ställe bauen. Aber Liebau, vom Westen nahezu eingekreist, ließ sich nur schwer bewachen und die Neubauern waren wohl auch nicht so folgsam wie erwartet. Jedenfalls rückten an einem Sommertag 1975 Bulldozer an und löschten das Dorf aus. Der 16-jährige Kai Frobel sah, wie die Staubwolke noch lange am Himmel stand.

Die Zahl der Toten an der innerdeutschen Grenze ist bis heute nicht genau festzustellen. Der Forschungsverbund SED-Staat der FU Berlin recherchierte die Schicksale von 247 Toten. Sie wurden niedergestreckt, von Selbstschussanlagen durchsiebt, sie ertranken, erstickten in ihren winzigen Verstecken, einer wurde als „Verräter“ enthauptet, andere schieden durch Freitod aus dem Leben, darunter auch viele Grenzsoldaten. Tödlich war der „antifaschistische Schutzwall“ nicht erst seit dem Bau der Berliner Mauer 1961. In Liebau kam ein junger Familienvater 1952 bei einer Schießerei mit Grenzpolizisten ums Leben. Auch das ist Grünes Band.

Frobel selbst gehört schon zu der Generation, die nichts anderes kannte als die „Zonengrenze“. Hier endete ihre Welt, auch wenn Frobel Kontakte zu Umweltschützern in die DDR hielt und sie besuchte. Die Grenze selbst war Alltag und Schicksal zugleich. Ebenso für die Gleichaltrigen in der DDR. Sie kamen zwar gar nicht erst in ihre Nähe, umso mehr wurde das Land hinter den Hügeln und Wäldern zum Sehnsuchtsort. Nur Bussarde, Möwen, Schwalben konnten ungehindert nach „drüben“ fliegen. DDR-Pop- und Rocksongs der siebziger Jahre waren angefüllt mit Metaphern aus der Vogelwelt.

Das Grüne Band: Wie alles begann

Die Erde war geteilt – bis zum 9. November 1989. Am Montag darauf luden Kai Frobel und Hubert Weiger, der spätere BUND-Bundesvorsitzende, 26 namentlich bekannte Naturfreunde aus der DDR zu einem Treffen ins Gasthaus Eisteich nach Hof ein. Verbunden mit dem Brief war die Bitte, die Einladung an Interessierte weiterzugeben. 400 drängelten sich am 9. Dezember im Saal, die meisten aus der DDR. Frobel berichtete von seinen Kartierungen, spürte die Stimmung, die nach einer Resolution rief, und formulierte den Entwurf mit dem Wort vom „grünen Band“.

„Das hätte auch nach hinten losgehen können“, sagt Frobel jetzt. Da sackt das „Schandmal“ zusammen und dann verlangen Umweltschützer, die Anlage zu bewahren. Die Forderung, ein grünes Band zu schaffen, „ist keine nachträgliche Rechtfertigung der Grenze“, steht deshalb am Rand des handschriftlichen Entwurfs. Die Klarstellung stammt von Hubert Weiger. Wenn Frobel mit seinen Kartierungen die Grundlagen für das Projekt Grünes Band schuf, so war Weiger der langjährige Stratege, der andere Gruppen einband, dazu Bundes- und Landesbehörden.

Dass das Grüne Band in Thüringen und Sachsen-Anhalt zum Nationalen Naturmonument erhoben wurde, sei aber das Verdienst zweier Frauen, sagt Frobel, den dortigen grünen Umweltministerinnen Anja Siegesmund und Claudia Dalbert. Damit haben 1.106 Kilometer den Status, der einem Naturschutzgebiet gleichkommt, den Schutz der Natur aber mit der Erinnerung an die jüngste deutsche Geschichte verbindet. Die anderen ostdeutschen Länder wollen folgen.

Überbleibsel eines untergegangenen Regimes: Wachturm an der ehemaligen DDR-Grenze Foto: Markus Hintzen/laif

Das Grüne Band, eine Idee, geboren in einem fränkischen Wirtshaus, ist nach drei Jahrzehnten eine stille Attraktion geworden. Es gibt Reiseführer, Wanderkarten, jede Menge Blogs, Dokumentationen, dazu kommen vier Besucherzentren und 39 Grenzmuseen und Gedenkstätten. Die Zahl der Wanderer, zu Fuß, auf dem Fahrrad oder zu Pferd, nimmt stetig zu. Trotzdem kann man auf dem Kolonnenweg tagelang einsam durch Deutschland streifen.

„Im Nachhinein hört sich das wie eine Erfolgsgeschichte an“, sagt Frobel, „es gab aber enorme Tiefschläge.“ Neue Autobahnen und ICE-Trassen haben das Band irreparabel zerschnitten, Gewerbegebiete entstanden, Landwirte nahmen den Streifen illegal unter den Pflug. Teile des Kolonnenwegs wurde abgetragen. An manchen Stellen ist das Grüne Band kilometerweit unsichtbar.

Im Nachhinein hört sich das wie eine Erfolgsgeschichte an. Es gab aber enorme Tiefschläge

Kai Frobel über sein Grünes Band

Als größtes Hindernis stellten sich die ungesicherten Eigentumsverhältnisse heraus. Zunächst wollte der Bund, der Zugriff auf einen der Großteil der Flächen hatte, alles verkaufen. 2008 aber übertrug das Bundesumweltministerium dem Bundesland Thüringen als erstem Anrainer 3.800 Hektar zur langfristigen Sicherung. Verträge mit den anderen Ländern folgten. Inzwischen befindet sich etwa die Hälfte der Flächen im Besitz der Bundesländer, dazu kommen Kommunen, Landkreise sowie Naturschutzverbände und Kirchen als Eigentümer. Etwa ein Drittel befindet sich weiterhin in Privathänden. Eines ist aber auch für sie verpflichtend, es sind Vorrangflächen für den Naturschutz.

Was Deutschland betrifft, ist damit das Maximum an Schutz erreicht. International gibt es allerdings noch Möglichkeiten. Der BUND hat im letzten Jahr vorgeschlagen, den gesamten ehemaligen Eisernen Vorhang, 12.500 Kilometer von Norwegen bis zur Türkei, zum Unesco-Welterbe zu machen. „Es geht um fantastische Landschaften, es geht um Nationalparks, aber es ist auch extrem anspruchsvoll“, sagt Frobel. Es klingt nach reichlich Mühe für die nächsten dreißig Jahre, allerdings für eine jüngere Generation.

Die Rückfahrt führt Kai Frobel über Kro­nach, eine Kleinstadt mit pittoresker Festung und hübschen Altstadtgassen. Eigentlich würde Frobel, ganz Franke, jetzt gern noch ein Bier trinken. Doch er wird zu Hause erwartet. Seine Tochter, gerade volljährig, erzählt er, hat am Vormittag die Führerscheinprüfung bestanden. Anders als ihr Vater weiß sie von der Grenze nur aus Büchern und Erzählungen. Das, was sie kennt, heißt nur noch Grünes Band.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Bin zeitweise drei Häuser vor der Frobelschen Praxis aufgwachsen und kenne den Kai noch als Kind. Das ist es, was ich ein Lebenswerk nenne, auf das man stolz sein kann. Wir wohnen bei Coburg und keine Woche vergeht ohne eine kürzere oder längere Strecke auf dem Grünen Band. Zur Zeit erspart die "Görsdorfer Heide" die vielen Lüneburger Pendant. Fantastisch! Danke, Kai



    Und danke, TAZ für den einfühlsamen Text.

  • Ein sehr guter Artikel.



    Es ist ja schon fast alles geschrieben, dokumentiert, kommentiert.



    Für mich ist die Drohnenaufnahme der Grenze mein persönliches "Artikelerlebnis".



    Es sind ganze Lebensabschnitte und Entscheidungen im Bild enthalten. Etwas pathetisch, es sieht aus wie Lebenslinien.(v.o.b.)



    Die Toten an der Grenze sind unentschuldbar.



    Wenn ich mir die aktuelle Situation in Deutschland und der Welt anschaue, finde ich in Bezug auf das Bild, keine schlechte Entscheidung hier zu leben.