Nationalelf der Frauen in Dänemark: Kein Spiel gegen Oranje
Dänemarks Verband kann sich mit seiner Frauenelf nicht über Prämien einigen. Die EM-Revanche gegen die Niederlande wird abgesagt.
„Das ist schwachsinnig. Das ist ärgerlich, extrem schade, dumm.“ Der Frust von Søren Randa-Boldt, dem Interimsnationaltrainer der dänischen Frauenelf ist verständlich. Es sollte nicht nur sein Debüt an der Linie werden. Es war ein richtiges Fußballfest geplant. Die Revanche gegen den Europameister Niederlande. Gegen den hatte die Überraschungself aus Dänemark im EM-Finale im August in Enschede verloren, nachdem sie zuvor die Favoritinnen aus Deutschland aus dem Rennen geworfen hatte.
Die Revanche war ausverkauft. Knapp 10.000 ZuschauerInnen wollten in die Arena von Hersnes kommen – dann kam die Absage durch den dänischen Fußballverband.
„Ultimative Forderungen“ hätten diese Absage erzwungen, heißt es in einer Pressemitteilung der Dänischen Ballspielunion (DBU) vom Dienstag: Am Vorabend habe die Spielervereinigung mitgeteilt, dass die Frauennationalmannschaft sich nicht zum Training einfinden werde, wenn ihre Forderungen zum Abschluss eines Abkommens über die Modalitäten für Spiele in der Nationalmannschaft nicht erfüllt würden.
Obwohl es „sehr bedauerlich ist und es uns leidtut, die Fans so enttäuschen zu müssen“, bleibe der DBU keine andere Wahl, als das Spiel abzusagen. Der Uefa und dem holländischen Fußballverband habe man das bereits mitgeteilt. „Zutiefst problematisch für den Frauenfußball“ sei das alles, klagt die DBU: „Sowohl sportlich wie ökonomisch.“
Ärger über den Verband
Das sieht die Spielervereinigung („Spillerforeningen“) ganz ähnlich. Auch die beim VfL Wolfsburg spielende Nationalmannschafts-kapitänin Pernille Harder sieht die Verantwortung allein bei der DBU. Nicht nur ärgerlich, sondern auch unverständlich sei die Entscheidung des Verbands, zumal „wir uns auf das Revanchematch sehr gefreut haben“. Aber natürlich wolle die Nationalmannschaft einen Vertrag unter Dach und Fach haben, bevor man zu einem Spiel antrete. Dafür sei durchaus auch noch Zeit gewesen. Die DBU habe die Verhandlungen ohne Not abgebrochen.
Einen Streit über arbeitsrechtliche Details – die Spielerinnen wollten ein Anstellungsverhältnis zur DBU – klammerte man am Sonntag nach mehrstündigen Verhandlungen erst einmal aus. Es blieben die finanziellen Fragen – und da liegt man weit auseinander. Einzelheiten will die Spielervereinigung nicht nennen. „Das verhandeln wir direkt mit der DBU“, betont Nationalspielerin Sanne Troelsgaard.
Derzeit bekommt eine Spielerin für die Teilnahme an einem Länderspiel umgerechnet 330 Euro. Für die Vizeeuropameisterschaft gab es – mit wochenlanger Verspätung und erst als Spielerinnen protestierten – 10.700 Euro. 2012 bekamen die männlichen Spieler das Zehnfache allein für die EM-Teilnahme. Jeden Vergleich zu den Männern lehne man aber sowieso ab, sagt Troelsgaard: „Wir wissen auch, dass die Männer die Geldmaschine für die DBU sind.“
Nachahmung nicht ausgeschlossen
Etwas mehr im Topf, aus dem Prämien und Stipendien gezahlt werden, will die Spielervereinigung aber für die Frauen schon haben. Derzeit ist der mit jährlich 235.000 Euro gefüllt, die DBU bot eine Erhöhung um 48 Prozent an. Zu wenig, meint die Gewerkschaft. Und die Spielerinnen, die trotz der ganz anderen wirtschaftlichen Voraussetzungen im Frauenfußball Fantastisches leisten, hätten durchaus recht, wenn sie „einen ordentlichen Vertrag und eine einigermaßen faire Bezahlung fordern“, sagt Niels Sterndorff, Vorsitzender des Erstligavereins KoldingQ.
Mit der demonstrativen Spielabsage versuche die DBU einen Keil zwischen die Spielerinnen zu treiben, bezog auch Simon Kjær, der Kapitän der Männernationalelf Position für seine Kolleginnen. Unterstützung kam auch aus Schweden. „Es ist höchste Zeit, dass da etwas passiert“, erklärte die Mittelfeldspielerin Caroline Seger in einem Interview: „Die dänische Elf macht das richtig.“ Ähnliches könne durchaus auch in Schweden passieren.
Am Dienstag kommender Woche steht Dänemarks WM-Qualifikationsspiel gegen Ungarn an. Treten die Frauen dazu nicht an, würde das Spiel als 0:3-Niederlage gewertet werden. Tritt nur eine Amateur- oder Jugendmannschaft an, drohen ebenfalls Sanktionen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour