Naomi Klein in Berlin: Eine Marke mit Courage

Naomi Klein will soziale und ökologische Katastrophen stoppen und brilliert mit Zahlen und Fakten. Sie zielt auf den Kern des Systems: das Kapital.

Naomi Klein, hier in Köln. Inzwischen ist sie selbst so etwas wie ein globales Logo Bild: imago/Horst Galuschka

„Angesichts einer beispiellosen Krise hat die Gesellschaft keine andere Wahl, als drastische Maßnahmen zu ergreifen, um einen Untergang der Zivilisation zu verhindern.“ Kaum jemand dürfte 2012 im Weltbericht „Umwelt und Entwicklung“ diesen Satz gelesen haben.

Als die kanadische Journalistin Naomi Klein zwei Jahre später ungefähr dasselbe schrieb, löste sie einen publizistischen Tsunami aus. Zu den nicht zu unterschätzenden Eigenschaften der Globalisierungskritikerin gehört es offenbar, Bekanntes so zu artikulieren, dass es einer breiten Öffentlichkeit unter die Haut geht.

Die Botschaft vom „radikalen Wandel“, die Klein in ihrem jüngsten Buch „Die Entscheidung – Kapitalismus vs. Klima“ verkündet, stand auch im Mittelpunkt der „Democracy Lecture“ 2015, zu der die Berliner Blätter für deutsche und internationale Politik die Autorin in diesem Jahr eingeladen hatten. Im voll besetzten Auditorium des Hauses der Kulturen der Welt wiederholte sie am Sonntag die Forderung nach dem radikalen Ausstieg aus den fossilen und den Umstieg zu den erneuerbaren Energien. Nur so seien die sozialen und ökologischen Katastrophen im Gefolge der Erderwärmung zu stoppen.

Brillant beherrschte Klein alle Daten, Zahlen, Fakten. Doch sie wollte nicht nur von Emissionen reden. Wenn sie die „Logik der Privatisierung“ geißelte, wurde klar, dass sie auf den Kern des System selbst zielt: das Kapital. Es hat also seine Logik, wenn sie soziale und ökologische Bewegungen auffordert, gemeinsam zu marschieren. Und mit Formeln wie dem „Weckruf für die Zivilisation“ demonstriert sie das notwendige Quäntchen Messianismus für diesen Kampf.

Begeisterung trotz blinder Flecke

„Ganz viele Leute zusammenbringen, die sehr viel zu gewinnen haben“, ist natürlich nie verkehrt, als theoretischer Ertrag einer „Democracy Lecture“ aber vielleicht etwas mager. Wenigstens eine flüchtige Skizze für ein „von Grund auf neues Wirtschaftsmodell“ lieferte Klein nicht. Sieht man von der Rückführung der Stromnetze in die Bürgerhände ab. So blieb am Ende unklar, ob die radikale Energiewende auf einen grünen Kapitalismus oder auf ein anderes System hinauslaufen sollte.

Derlei blinde Flecke trübten die Begeisterung über Kleins Vortrag nicht. Genau besehen war die „Democracy Lecture“ eigentlich Naomi Klein selbst. Die Labelkritikerin ist inzwischen selbst so etwas wie ein globales Logo geworden. Das für den Willen steht, die Menschheitsprobleme nicht den Regierungen und Konzernen zu überlassen. Wer den Untergang des Planeten verhindern will, braucht genau diese Art Courage.

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