: Namensreicher arm
■ Verfahren wegen Veruntreuung gegen Mitbegründer der Statt-Partei eingestellt
Gestern als Girma Asefa Ghebresillasie vor Gericht, vor zwei Wochen als „Ijassu“ und Mitbegründer der Bremer Statt-Partei erstmals in der Öffentlichkeit aufgetreten. Ein Mann, zwei Namen: Was denn nun?
„Ijassu ist mein Spitzname“, erklärte der Angeklagte gestern vor Gericht. Dort mußte er sich wegen „fortgesetzter Vorspiegelung falscher Tatsachen“ verantworten. Und kam vorerst glimpflich davon: Ungereimte Zusammenhänge wurden dem ehemaligen Studentenratspräsidenten der Uni Bremen zum Vorteil ausgelegt – wegen des unverhältnismäßigen Ermittlungsaufwandes, so die richterliche Begründung. Dies betraf den Vorwurf, unter falschem Namen Bestellungen für den AStA der Uni Bremen getätigt zu haben: ein Flusen im unendlichen AStA-Filz.
Klartext: Er soll als Dr. XY ein Flugticket Rom-Bremen-Rom und eine Hotelunterbringung als Y. Girma bestellt haben. Außerdem ging es um den Verbleib von 2.000 Mark AStA-Geldern für einen Äthiopienkongreß im Juli 1991.
Aber angesichts der öffentlich bekannt gewordenen Ungereimtheiten der AStA-Finanzen schien der Richter das nicht vertiefen zu wollen: „Ein Zivilverfahren hat es in dieser Sache ja nicht gegeben“.
Was die falschen Namensangaben des Angeklagten betraf, deckte dieser am Ende jede Menge Mißverständnisse auf: Einen Doktortitel habe er höchstens in der Eile unterschrieben. Möglicherweise handele es sich um ein Mißverständnis seitens der Kommilitonin, die den Brief tippte. Und auch die strittigen Ausgaben in Höhe von 2.000 Mark für die Ausrichtung eines Äthiopienkongresses rechnete er dem Gericht in groben Zügen als tatsächliche Kosten vor.
Weniger glimpflich, weil unstrittig, endete der Vorwurf, das Arbeitsamt hintergangen zu haben: Der Angeklagte hatte runde drei Monat lang zusätzlich zum regulären Einkommen Arbeitslosenhilfe bezogen – und sich um die Rückerstattung der „Überzahlung“ nicht bemüht. „Ich habe diese Angelegenheit vernachlässigt“, gestand er am Ende ein. Trotzdem ging die Sache glimpflich aus: bislang war er bei Gericht nicht aktenkundig geworden. Und weil die Angelegenheit Jahre zurückliegt und der Angeklagte den Schaden von rund 2.000 Mark nun an das Arbeitsamt zurückzahlen will, kam er mit 30 Tagessätze zu 15 Mark davon.
Abgetrennt vom gestrigen Verfahren wurde der Vorwurf der Körperverletzung – auch hier gibt es ein AStA-Vorspiel: „Reden wir nicht drumrum. Der Angeklagte steht im Verdacht, studentische Gelder veruntreut zu haben“, stellte Richter Mertens selbst den Hintergrund fest. Zur endgültigen Klärung des genauen Tatherganges kam es vor Gericht aber noch nicht. Zwar identifizierte der Zeuge R. den Angeklagten als seinen nächtlichen Angreifer an der Straßenbahnhaltestelle Schüsselkorb. Das Verfahren aber folgt erst noch. ede
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen