Nahost-Konflikt: Waffenruhe zwischen Israel und Iran. Eventuell.
Das Regime in Teheran bestätigt, sich an die Feuerpause zu halten. Auch Israel werde das tun, sagt US-Präsident Trump. Das sah erst anders aus.

Aber der Reihe nach: Der Montag stand noch voll unter dem Eindruck eines iranischen Vergeltungsangriffs auf den großen US-Luftwaffenstützpunkt Al Udeid in Katar. In martialischer Rhetorik hatte Iran Gegenschläge angekündigt, nachdem die USA in der Nacht auf Sonntag mit schweren bunkerbrechenden Bomben die Atomanlagen in Natans, Isfahan und vor allem Fordo angegriffen hatten.
Trump warnte daraufhin, jeder Angriff auf US-Stützpunkte oder Bürger werde für Iran fürchterliche Konsequenzen haben. Als am Montagmorgen die Nachricht kam, der Stützpunkt in Katar sei beschossen worden, schien eine Eskalation unausweichlich.
Nach und nach allerdings verdichteten sich die Anzeichen, dass das Gegenteil der Fall war: Sowohl Katar als auch die USA waren von Iran selbst vor dem Angriff gewarnt worden, bei dem letztlich kaum Schaden angerichtet und niemand verletzt wurde. In den Abendstunden erklärte auch Donald Trump, der Angriff sei sehr schwach gewesen, sprach anschließend von der Möglichkeit, jetzt zu Frieden und Harmonie überzugehen und verkündete gegen Mitternacht europäischer Zeit, Israel und Iran hätten sich auf einen Waffenstillstand geeinigt.
Trump: Israel werde im Iran nur mit den Flügeln winken
Rund sieben Stunden später schrieb er auf seinem Netzwerk Truth Social, der Waffenstillstand sei nunmehr in Kraft getreten. Israels Regierung bestätigte, sich darauf eingelassen zu haben. Man habe ohnehin alle Kriegsziele erreicht, sagte Ministerpräsident Netanjahu.
Nur kurze Zeit später allerdings heulten im Norden Israels und der Stadt Haifa erneut die Alarmsirenen: Iranische Raketen seien unterwegs Richtung Israel. Zwei wurden abgefangen, zu Schaden kam niemand. Dennoch ordnete Israels Verteidigungsminister Israel Katz umgehend Vergeltungsschläge auf Iran an: Man werde die Hauptstadt Teheran hart treffen, sagte Katz zu einem Zeitpunkt, als Donald Trump offensichtlich im Bett lag.
Wieder aufgewacht, meldete sich der US-Präsident umgehend zu Wort: Beide Regierungen verletzten den Waffenstillstand, klagte er, er sei „mit beiden nicht glücklich“, und fordere sie energisch auf, den Waffenstillstand einzuhalten. Insbesondere von Israel forderte Trump: „Bringt eure Piloten nach Hause, jetzt.“ Ein Sprecher des Weißen Hauses erklärte gegenüber CNN, Trump habe ein „außergewöhnlich direktes“ Gespräch mit Benjamin Netanjahu geführt. Öffentlich kündigte Trump an, Israel werde keine Bomben werfen, die Flugzeuge würden über Teheran lediglich „mit den Flügeln winken“.
Iran allerdings vermeldete sehr wohl israelische Angriffe. Laut Justizagentur Misan gab es zwei Explosionen in der Hauptstadt Teheran. Zudem habe es Angriffe in der nordiranischen Stadt Babolsar gegeben, meldete die Agentur am Dienstag. Der israelische Armeerundfunk meldete, das Militär habe eine iranische Radarstation in der Nähe von Teheran angegriffen. Trotzdem erklärte die iranische Führung, sie wolle den Waffenstillstand einhalten – sofern Israel dies ebenfalls tue.
Für Donald Trump, der sich anschließend auf den Weg zum Nato-Gipfel nach Den Haag machte, ist es politisch von enormer Bedeutung, diesen Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Alles, was auch nur den Anschein erwecken könnte, die USA rutschten erneut in eine womöglich lange militärische Auseinandersetzung im Nahen Osten, würde das streng gepflegte Image zerstören, Trump fange im Unterschied zu den rechten Neocons und den demokratischen Interventionisten in seiner Heimat keine neuen Kriege an.
Angesichts der proklamierten Erfolge Israels und des US-Militärschlags vom Wochenende blieben selbst Trumps innerparteiliche Kritiker eines Iran-Angriffs still. Trump möchte unbedingt, dass das so bleibt.
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