Naherholung: Pack die Motorjacht ein
Die Köpenicker befürchten, dass der Bezirk das Strandbad Müggelsee schließen und durch einen Motorboothafen ersetzen will.
Der Putz am Hauptgebäude bröckelt, die Farbe blättert ab: Die Gebäude des Strandbades Müggelsee müssen dringend saniert werden. Im vergangenen Sommer verletzten sich mehrere Badende an der porösen Betonkante zwischen Strand und See. Die Stiftung Denkmalschutz hatte angeboten, das Traditionsbad aus dem Jahr 1929/30 zu renovieren. Doch nachdem der Bezirk Treptow-Köpenick darauf lange nicht einging, zog die Stiftung das Angebot zurück. Viele Anwohner sind verärgert und befürchten nun, dass ihr Bad bald ganz geschlossen wird.
Dabei haben sie viel politische Arbeit in ihr Bad investiert. Die Initiative "Bürger für Rahnsdorf" hat 2006 gegen die Pläne der Berliner Bäderbetriebe, das Strandbad aus Kostengründen zu schließen, protestiert. Daraufhin pachtete der Bezirk das Areal, der Sportbund betreibt das Bad seither mit 1-Euro-Jobbern. Der Eintritt ist frei, 2007 kamen rund 110.000 Besucher zum Baden oder Volleyballspielen an den Sandstrand.
Die Stiftung Denkmalschutz hatte dem Bezirksamt damals vorgeschlagen, sich wie schon zuvor an der Sanierung des Strandbads Wannsee zu beteiligen. Ende des Jahres 2006 schickte die Stiftung den Entwurf eines Nutzungsvertrages an den Bezirk. Doch weil seither nicht mehr viel passierte, zog die Stiftung ihr Angebot zurück: Die Denkmalschützer teilten mit, ihrem Eindruck nach habe der Bezirk wohl kein Interesse an einer Kooperation mit der Stiftung.
Gion Voges, Vorsitzender der "Bürger für Rahnsdorf", beklagt sich über die "Ignoranz" im Bezirksamt: "Die Stadträte sollten damit aufhören, unrealistische Großplanungen für das Areal zu verfolgen, und in einem ersten Schritt sofort die Gefahrenquellen für die Badegäste beseitigen." Die gefährliche Betonkante müsse entfernt werden und durch Tonnen im Wasser müsse eine Badezone markiert werden, damit kein Boot auf dem See zu nah an die Badenden kommen kann.
Beim Bezirk heißt es jedoch, es gebe noch kein Konzept für das Gelände. Bevor man Verträge abschließe, müsse man wissen, was nach der Sanierung auf dem Gelände passieren soll, sagt Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD).
Thomas Kasper von der Bürgerinitiative Müggelsee befürchtet dagegen, dass das Bezirksamt sehr wohl schon weiß, was aus dem Gelände werden soll, aber nur noch nicht damit herausrückt. Da das Bezirksamt das Gebiet vor einem Jahr als Wassersportvorranggebiet deklariert habe, "drängt sich der Eindruck auf, dass nicht der Badebetrieb, sondern ein Motorboothafen vom Bezirk favorisiert wird". Dies sei jedoch "gegen die Interessen der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung", so Kasper. Der für Umwelt und Grün zuständige Stadtrat Michael Schneider (Linke) will erst in einer Woche die Pläne für das Bad präsentieren.
Die "Bürger für Rahnsdorf" fordern, dass der Bezirk sich wieder mit der Stiftung Denkmalschutz an einen Tisch setzt, sodass beide zusammen das Bad sanieren. Anschließend könnte ein Pächter dort Geschäfte und einen Imbiss betreiben.
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