Nächster Schwenk der Regierung: Innenminister für NPD-Verbotsantrag
Jetzt doch: Die Kanzlerin und Innenminister Friedrich sind für einen eigenen NPD-Verbotsantrag der Regierung. Die FDP ist noch skeptisch. Kritik kommt von den Grünen.
BERLIN dpa | Nach dem Bundesrat wird jetzt aller Voraussicht nach auch die Bundesregierung vor dem Bundesverfassungsgericht einen Antrag zum Verbot der rechtsextremen NPD stellen. „Ich gehe davon aus, dass wir keine andere Möglichkeit haben, als selber einen Antrag zu stellen“, erläuterte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) am Montagabend nach Angaben von Teilnehmern bei einer Sitzung der CSU-Landesgruppe im Bundestag.
Der Minister machte deutlich, dass die Bundesregierung den Antrag der Länder mit aller Kraft unterstützen wolle. „Wir müssen dafür sorgen, dass der Antrag der Länder Erfolg hat“, sagte er den Angaben zufolge.
Bislang hatte Friedrich erhebliche rechtliche Bedenken über einen Verbotsantrag geäußert - auch der Koalitionspartner FDP ist skeptisch. Für einen eigenen Antrag der Bundesregierung ist ein Beschluss des Kabinetts nötig.
CDU-Chefin Merkel hatte nach Angaben aus der Union bereits in der vergangenen Woche intern signalisiert, dass die Regierung aus ihrer Sicht neben dem Bundesrat einen gesonderten Verbotsantrag in Karlsruhe stellen solle. Am Rande ihres Türkei-Besuches sagte die Kanzlerin dazu am Montag, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen. Das werde bis Ende März passieren.
Verhalten des Bundestags noch unklar
Der Bundesrat hatte im Dezember beschlossen, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einen Antrag auf ein NPD-Verbot zu stellen. Wie sich der Bundestag verhält, ist noch offen. 2003 war ein Verbotsverfahren von Regierung, Bundestag und Länderkammer in Karlsruhe gescheitert.
Die SPD kritisierte, Lippenbekenntnisse von Merkel und Friedrich reichten nicht. Merkel dürfe sich „nicht hinter dem Bundesrat verstecken“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann dem Nachrichtenportal Spiegel Online.
Kritik kam auch vom Parlamentarischen Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck. „Ein eigener NPD-Verbotsantrag der Bundesregierung ändert nichts an der mangelhaften Qualität der Beweissammlung durch die Innenminister“, erklärte der Grünen-Politiker. „Das Bundesverfassungsgericht wird sich am Ende nicht von der Summe der Anträge beeindrucken lassen, sondern nur von deren Substanz.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin