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„Nadelstichpolitik“

■ Franzosen für Parade der Alliierten

Frankreich hat zu erkennen gegeben, daß es weiter der Überzeugung ist, die seit 1945 in Berlin stationierten ursprünglichen Besatzungs- und späteren Schutztruppen der drei Westalliierten sollten sich mit einer feierlichen Parade von der deutschen Hauptstadt verabschieden. Laut diplomatischen Kreisen in der französischen Hauptstadt steht Bundeskanzler Helmut Kohl dieser Absicht betont kühl gegenüber. Beobachter in Paris sprechen von einer gewissen „Nadelstichpolitik“, die gegenwärtig zwischen Frankreich und Deutschland in Gang sei. Der Sprecher des französischen Außenministeriums, Richard Duque, erklärte: „Frankreich möchte ebenso wie seine Verbündeten, daß diese Abschiedszeremonien all die Bedeutung haben, die eine Präsenz mit sich bringt, die es Berlin ermöglichte, frei zu bleiben, bis die Mauer fiel.“ Duque sagte weiter, Bonn habe gewisse Vorschläge für die Verabschiedung der französischen, britischen und amerikanischen Truppen aus Berlin gemacht, die nun von den drei Mächten geprüft würden. Einzelheiten nannte der Sprecher des französischen Außenministeriums nicht. – Im Hintergrund steht dabei offenbar das am Montag vom Bonner Regierungssprecher Dieter Vogel bestätigte Faktum, daß Bundeskanzler Helmut Kohl eine Teilnahme deutscher Regierungsvertreter an Feiern zum Gedenken der alliierten Invasion in der Normandie vor 50 Jahren „nicht für angebracht“ hält, wenn es dabei „um den Nachvollzug militärischer Kampfhandlungen“ geht. Laut Vogel wurde Kohl zu derartigen Begegnungen von keiner Seite eingeladen. Er habe derartige Einladungen aber auch niemals erwartet.

Wie schon vor zehn Jahren zur 40-Jahr-Feier habe er sich auch in diesem Jahr informell um eine Einladung bemüht, wie aus amerikanischen und französischen Regierungskreisen zu erfahren gewesen sei. Auch diesmal sei dem Bundeskanzler bedeutet worden, daß an dieser Feier nur die Staatschefs der Alliierten teilnähmen. AP

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