Nachzug von ausländischen Ehegatten: Ohne Deutsch kein Visum
Nachziehende Ehegatten müssen Deutsch können – selbst wenn sie Analphabeten sind. Laut Gericht besteht kein Recht auf Einreise, wenn ein Zusammenleben auch im Ausland möglich ist.
FREIBURG taz | Der Nachzug von ausländischen Ehegatten hängt auch in Zukunft vom erfolgreichen Bestehen eines Deutschtests ab. Eine umstrittene Neuregelung von 2007 fand gestern den Segen des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig. Die Richter hielten das Gesetz nicht für verfassungswidrig. Für Härtefallregelungen wurden hohe Hürden aufgestellt.
Geklagt hatte das türkische Ehepaar Adem und Nurten P. Sie heirateten Anfang der 1990er-Jahre in der ostanatolischen Provinz Agri nach religiösem Brauch und hatten zusammen vier Kinder. 1998 ging Adem P. als Asylbewerber nach Deutschland und heiratete dort eine deutsche Frau. Die Beziehung zu Nurten P. pflegte er aber weiter. Seine deutsche Frau ließ sich 2006 scheiden, als Nurten P. ein fünftes Kind erwartete. Nun heiratete Adem P. die Mutter seiner Kinder standesamtlich und wollte sie nach Deutschland holen.
Der Antrag wurde jedoch abgelehnt, weil ein Ehegattennachzug seit August 2007 nur möglich ist, wenn sich "der Ehegatte zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann."
Die Regelung sollte die Integration der nachziehenden Ausländer erleichtern und Zwangsehen erschweren. Nurten P. spricht aber kein Wort Deutsch.
Ihr Anwalt, der Berliner SPD-Politiker Hans-Georg Lorenz, hielt schon das Gesetz für verfassungswidrig, weil es den Schutz der Ehe verletze. Außerdem ist es für Lorenz eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung, wenn zwar von türkischen, thailändischen und kosovarischen Ehegatten ein Vorabsprachtest verlangt wird, während Gatten aus den USA, Japan oder Honduras hiervon befreit sind. "Das ist eine unzulässige soziale Selektion", kritisierte Lorenz.
Doch die Klage hatte in Leipzig keine Chance. Das Grundrecht auf Ehe ermögliche keine Einreise nach Deutschland, wenn ein Zusammenleben auch im Ausland möglich ist, erklärten die Richter. Und die Ungleichbehandlung nach der Herkunft hielt das Gericht ebenfalls nicht für verfassungswidrig. Aus außenpolitischen Erwägungen dürften bestimmte Ausländer beim Ehegattennachzug bevorzugt werden.
Anwalt Lorenz hatte vor allem auf eine Härtefallregelung gehofft, denn Nurten P. ist Analphabetin, und als solche habe sie in Ostanatolien keine Chance, Deutsch zu lernen. Doch auch hier hatten die Kläger keinen Erfolg. Die Richter hielten eine Härtefallregelung zwar für denkbar. Doch auch eine Analphabetin müsste dann zumindest mündliche Deutschkenntnisse nachweisen. Darauf könne nur verzichtet werden, wenn der Spracherwerb im Heimatland "unmöglich" sei. In der Türkei gebe es jedoch Goethe-Institute und Sprachkurse, auch die Deutsche Welle sei zu empfangen. "Ein Sprachkurs in der Türkei mag zwar schwer zu organisieren sein, unmöglich ist er aber nicht", sagte Marion Eckertz-Höfer, die Präsidentin des Bundesverwaltungsgerichts.
Damit dürften TürkInnen, die größte Gruppe nachziehender Ehegatten, generell keine Chance auf eine Härtefallregelung haben. Mal abgesehen davon, dass bei den Sprachtests ein Drittel der Prüflinge durchfällt, die deshalb kein Aufenthaltsrecht in Deutschland bekommt.
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