■ Störzeile: Nachwuchsterroristen
Was die Dolchstoßlegende uns bereits zu lehren versuchte, haben jetzt auch die Junge Union und eine grüne Ministerin erkannt: daß die gefährlichsten Feinde des Staates in seinem Inneren zu suchen sind. In Hamburg und Schleswig-Holstein beispielsweise wimmelt es nur so von ihnen.
In kleinen Gruppen organisiert halten sie konspirative Treffen ab, die sie Jugend-Umwelt-Jahrmärkte nennen. Diese Versammlungen haben nur ein Ziel: Nachwuchs rekrutieren, ihn im Umgang mit Waffen schulen und dann: Weg mit der Verfassung, Kampf der Polizei! Da bewaffnen sich „linksextreme Aushilfsterroristen“ mit Pappschwertern und Schilden, um gewappnet zu sein für den Moment, in dem sie dem Staate, der sie nährt, den Todesstoß versetzen können.
Das schaffen die Nachwuchs-Revolutionäre natürlich nicht alleine. Was wären sie ohne die Männer und Frauen im Untergrund, die sich zum Schein dem System angepaßt haben und als Sachbearbeiter in Behörden oder als Parteifunktionäre arbeiten? Da können wir doch froh sein, eine Große Staats-Sicherheits-Koalition aus einer grünen Ministerin mit Vergangenheit, problembewußten Jung-Unionisten und der stets wachsamen Springer-Presse zu haben.
Allerdings werden die Nachwuchs-Verfassungsfeinde noch viel zu punktuell ausgebildet. Ein Workshop macht noch keinen echten Straßenkämpfer, Bombenleger und Polizisten-vors-Schienbein-Treter. Die Verläßliche Halbtagsterroristenschule (VHTS) ist das mindeste, was im Sinne einer ordentlichen Ausbildung geschaffen werden muß. Judith Weber
Siehe Bericht Seite 22
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