Nachtflüge in Hannover-Langenhagen: Kein Ende in Sicht
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) soll sich zu weiteren Nachtflügen bekannt haben. Doch im Koalitionsvertrag steht etwas anderes.
D er Geschäftsführer des Flughafens Hannover freut sich: Ein Ende der Nachtflüge sei nicht in Sicht, sagte Martin Roll der Deutschen Presse-Agentur. „Ministerpräsident Stephan Weil hat sich gerade noch einmal klar dazu bekannt, dass Hannover auch künftig der 24-Stunden-Airport des Nordens sein wird“, so Roll. Man plane also, weiter die ganze Nacht hindurch zu fliegen.
Wer den noch recht frischen niedersächsischen Koalitionsvertrag von Weils SPD und den Grünen kennt, wird da etwas stutzig. Denn darin steht: „Mit dem Flughafenbetreiber werden wir Gespräche über die Möglichkeit einer Verminderung von Nachtflügen aufnehmen.“ Diese Formulierung ist nicht besonders revolutionär, und auch nicht viel mehr als die vage Absichtserklärung: Wir prüfen das mal.
Aber sie zeigt doch eine Richtung der Koalition, eine sehr vernünftige sogar, wie eine weitere Formulierung im Vertrag ganz richtig aufzeigt: „Die klimaschädliche Wirkung des Luftverkehrs ist immens und muss maßgeblich reduziert werden.“
Nächtliche Starts und Landungen zu streichen und damit weniger Zeit insgesamt für Flugbewegungen zur Verfügung zu stellen, täte nicht nur dem Klima gut, sondern auch den Anwohner*innen.
In Hannover gilt im Gegensatz zu vielen anderen Standorten kein Nachtflugverbot. Es dürfen aber, wie auch in Nürnberg und Köln/Bonn, nur Flugzeuge starten, die einen gewissen Lärmwert nicht überschreiten.
Aussage ist irritierend
Die im Koalitionsvertrag zu erahnende Richtung spiegelt die zitierte Aussage von Weil leider nicht wieder. Im Gegenteil: Sie ist ein irritierendes Zeichen für Anwohner*innen, Nachtflug-Gegner*innen und Unterstützer*innen der Koalition. Zumindest im grünen Programm zur Wahl im vergangenen Oktober stand drin, die Nachtruhe ausweiten zu wollen. Im SPD-Programm fand sich dazu allerdings nichts.
Trotzdem haben sich beide Parteien ja darauf geeinigt, das Konzept Nachtflüge zu prüfen. Dass der Flughafen-Chef sich nun in der Öffentlichkeit brüstet und verkündet: „Zumindest der Landesvater mit seiner Richtlinienkompetenz hat sich deutlich positioniert“, ist aus Flughafen-Perspektive komplett nachvollziehbar, für die Regierung aber etwas peinlich.
Die Sprecherin von Weil konnte der taz am Dienstag zwar nicht bestätigen, ob und in welchem Kontext er diese Aussage getätigt hat. Denn Weil habe aktuell Urlaub.
So oder so sollte sich Weil nun dazu positionieren und mit seiner eigenen Partei und den Grünen klären, was genau das im Koalitionsvertrag Formulierte heißt. Und dies der Öffentlichkeit sowie dem Flughafen transparent kommunizieren – anstatt entweder erstere zu täuschen oder letztere in falscher Sicherheit zu wiegen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin