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■ NachschlagHeinrich Pachl - Geld und gute Worte in der Ufa-Fabrik

Auf der Bühne stehen ein Bistrotisch und ein Stuhl. Sonst nichts. Der Mann, der sie besteigt, ist gut 50, ein wenig gedrungen und nicht besonders groß. Zu einem ziemlich beschissenen Haarschnitt trägt er einen zerknautschten Regenmantel und einen Koffer. Der Kölner Kabarettist Heinrich Pachl, der, wie er sagt, aus der einzigen Stadt kommt, „in der man spricht, was man trinkt“, sieht bei aller Ähnlichkeit sogar noch hundertmal harmloser aus als sein Fernsehdoppelgänger Columbo. Doch das täuscht. Denn Pachl, der übrigens bekennender Anhänger von Verschwörungstheorien ist, habe schließlich von seinem Schamanen eine aktive Gesprächstherapie verschrieben bekommen. Aktive Gesprächstherapie – das ist eigentlich eine recht treffende Beschreibung für seine Form von Kabarett.

„Geld und gute Worte“ ist politisches Kabarett, das neben den globalen Zusammenhängen von Politik, Macht und Wirtschaft auch stets das eigene Sparschwein streift. Völlig irre, abseits aller rhetorischen und literarischen Maßstäbe erklärt uns der kleine Mann, wie etwa die erfolgreiche Vermarktung von Müll funktioniert, der in vier Jahren nicht einmal mehr gemacht werden kann. Dabei verheddert er sich gern mal in neuen Wortschöpfungen: Wir armen „Versuchsmüllkaninchen“, stellt er fest, müssen am Ende auch noch Zinsen für heiße Luft bezahlen. Eines ist klar, wir sind die „Opfer“ und blicken gar nicht, was um uns herum geschieht. Was daran liegen könnte, daß wir zu viele Arztserien in der Glotze sehen, die bekanntlich die „Durchhaltefilme“ der 90er sind.

Zuschauerkommentare jeder Art – auch blöde – sind in Pachels One-man-Show übrigens äußerst erwünscht; sie werden von der Bühne aus umgehend pariert, was dem Auftritt zuweilen etwas erfrischend Lebendiges verleiht. Politik ist natürlich paradox – was der Pachel uns erzählt, ist grundsätzlich nichts Neues. Doch wenn er loshechelt und von einem Thema zum nächsten hopst und diese dann mit einigen noch nicht gehörten Witzen zum Leben erweckt, dann gewinnt man einen eigenartigen Eindruck: Ist die Welt so schlecht, damit wir uns darüber amüsieren? Kirsten Niemann

4.–22.12. in der Ufa-Fabrik, Viktoriastraße 10-18, Tempelhof

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