■ Nachschlag: Unlustiger als Männerpension – Knastfilm „14 Tage lebenslänglich“
Nein, mit Konrad von Seidlitz ist nicht gut Kirschen essen. Der erfolgreiche Anwalt ist ein gut geschnürtes Ekelpaket: Ihn interessieren zahlungskräftige Klienten, gutes Koks und Quickies für den kleinen Hunger zwischendurch. Doch genug ist ihm niemals genug. Zwecks finalem Rettungssprung in die Kaste der richtig wichtigen Leute verlobt der smarte Handy-Dandy sich nicht nur mit der Tochter des Justizministers – er läßt sich auch noch zu PR-Zwecken für vierzehn Tage Erzwingungshaft wegen notorischen Falschparkens wegschließen. Dumm nur, daß ihm unterdessen sein aalglatter Kompagnon Häring Kanzlei und Frau wegangelt und einen Riesenpacken Stoff in seiner Kloschüssel verstecken läßt. Aus den zwei Wochen drohen zwei Jahre zu werden, die interne Hackordnung ist auch nicht eben angenehm, und dann ist da noch die Sache mit der Millionenbeute des bösen Mithäftlings Czernetzky, der von dem noch böseren Ramon heimgesucht wird. „Mutta, hol mich vonne Zeche“, pflegt der Westfale in solchen schier ausweglosen Situationen zu hauchen – und siehe da, die eher spröde Gefängnispsychologin bewegt den vom fönfrisierten Popper mit Yuppie-Attributen zum hooliganlike kapuzigen Melancholiker mutierten Kotzbrocken zur inneren Umkehr. Als Symbol der tiefsten Verzweiflung muß eine im Stacheldraht verwesende Nebelkrähe herhalten, die vorher noch kurz als süßer Vogel Freiheit fungieren durfte. Den Übergang von Urlaubshaft in Dauerhaft markieren die zuerst einzeln, dann bündelweise abgestrichenen Tage – und sowohl die eröffnenden Sequenzen in der Villa als auch die Szenen vor Gericht könnten ebenso als Persiflage durchgehen. Flott allerdings sind die halsbrecherischen Kamerafahrten im Lichthof des Gefängnisses, nicht minder wirksam die schwer suggestiven Blicke quer durch die Etagen. Und sogar einige bemerkenswert rasante Schnitte versöhnen das MTV- geschulte Auge mit den bedeutungsschweren Schweigeminuten. Zusammengenommen ergibt das einen Film, der zwar um einiges unlustiger als Männerpension, aber dennoch fetziger als „Alles nur Tarnung“ ist und sich zu „Ghosts of the Civil Dead“ (featuring den oberbösen Nick Cave) ungefähr so verhält wie die Scorpions zu den Bad Seeds. Harry, schalt schon mal das Vorabendprogramm ein! Gunnar Lützow
„14 Tage lebenslänglich“ von R. S. Richter – diverse Kinos
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