■ Nachschlag: Sind die Dussmann! Das Leben des Bubi läuft demnächst im Fernsehen
Er war ein echter Berliner Dreikäsehoch, ein schmächtiges Kerlchen mit Hühnerbrust. Trotzdem wollte Bubi Scholz auf Biegen und Brechen Boxer werden. Als er mit siebzehn Jahren seine erste Boxstunde nimmt, wird er ausgelacht. Doch zehn Jahre später ist er Deutscher Mittelgewichtsmeister und gilt als der berühmteste deutsche Boxer nach Max Schmeling.
Bubi Scholz war ein Idol für Jungs, die sich gern so geprügelt hätten wie er. In ihm, der im Porsche mit offenem Verdeck durch die Straßen heizte, Jeans trug und eine blonde Tolle wie James Dean hatte, spiegelte sich der Stolz des kleinen Mannes auf sein verdientes Glück im wirtschaftswunderbaren Nachkriegsdeutschland wider. Auch sein Absturz, der verlorene Kampf um die Weltmeisterschaft und die Abgabe seiner Europameisterschaftstitel, fällt – und Uwe Timm nennt das einen „produktiven Zufall“ – mit der Wirtschaftskrise in der Bundesrepublik zusammen.
Timm ist mit seinen volksnahen Alltagsgeschichten über die Erfindung der Currywurst bekannt geworden. Nun hat er im Aufbau Verlag das Drehbuch zur „Bubi Scholz Story“ veröffentlicht, einem zweiteiligen, bombastisch aufwendigen Fernsehfilm, der am 24. Und 25. Mai beim Auftraggeber Premiere, zum Jahreswechsel bei der ARD ausgestrahlt werden wird.
Zur Buch- und Filmpräsentation im überhitzten Konferenzsaal des Kulturkaufhauses Dussmann schauten alle Anwesenden feierlich aus der Wäsche. Nicolette Krebitz, noch in Erinnerung als sympathisches Blödchen in Katja von Garniers Mädchenfilm „Bandits“, sah in echt viel braver aus als auf der Leinwand und sagte nichts. Sie spielt im Film Bubis junge Ehefrau Helga. Götz George und Harald Juhnke, die auch mitspielen, fehlten natürlich. Der Aufbau-Verleger Lunkewitz trug eine gelbe Krawatte und redete viel vom Weg, den dieses Buch machen wird. Alle beteuerten, wie schnell und spannend sich das Drehbuch lese und wie schön der Film geworden sei. Vor allem aber versicherte Uwe Timm, wie gründlich er für dieses Buch recherchiert, wie genau er seinen Pappenheimern aufs Maul habe schauen müssen. Seine Motivation, dieses Drehbuch zu schreiben, beschrieb er auf nette Art: Er wollte ein Bild seiner Kindheit wiedersehen wie das des Schwarzhändlers, der seinen Mantel öffnet und die an den Leib gebundene geräucherte Schweinehälfte zeigt. Auch die Tatsache, daß Timm eine Toilettenszene vorkommen läßt, macht die „Bubi Scholz Story“ zur allerfeinsten Klolektüre. Und zu dieser Ehre kommt schließlich nicht jedes Buch.
Susanne Messmer
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