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Nachruf Erich BöhmeChef des "Labors Deutschland"

Mit Sendungen wie "Talk im Turm" oder "Der grüne Salon" gab der Journalist Erich Böhme den besten, gelassensten, informiertesten Moderator des neuen Deutschland. Jetzt ist er tot.

Hat Seriosität im Privatfernsehen hinbekommen: Erich Böhme. Bild: dpa

Der gefährlichste Moment war, wenn Erich Böhme seine Brille aufsetzte. Knabberte der Herausgeber der Berliner Zeitung an ihren Bügeln, brütete er über etwas, wedelte er mit der Brille, war Böhme ungeduldig. Wenn er sie aber aufsetzte, hatte Erich Böhme einen Entschluss gefasst. Und der war meist unumstößlich.

Ausgerechnet beim SED-Kampfblatt der Hauptstadt der DDR heuerte Böhme nach der Wende an, er, der als Spiegel-Chefredakteur geschrieben hatte: "Ich möchte nicht wiedervereinigt werden." 17 Jahre lang hatte er das damalige Flaggschiff des deutschen Journalismus geführt und es mit Enthüllungen wie zur Barschel-Affäre auf Kurs gehalten. "Ich will wiedervereinigt werden", schrieb Spiegel-Herausgeber Rudolf Augstein - und es war klar, dass für Böhme kein Platz mehr war beim Spiegel. 1958 war der studierte Volkswirt zum Spiegel gekommen - zunächst arbeitete er als Wirtschaftskorrespondent, 1973 wurde er Chefredakteur. Begonnen hatte er seine journalistische Karriere bei den Vereinigten Wirtschaftsdiensten vwd und der Deutschen Zeitung.

1990 wurde er Herausgeber der Berliner Zeitung - die er zur Washington Post Deutschlands aufbauen wollte, zur "Hauptstadtzeitung mit deutschlandweiter Relevanz".

Tatsächlich war die Redaktion so etwas wie ein "Labor Deutschland": Alte Kaderjournalisten aus dem Osten trafen auf hungrige Westjournalisten, darunter etliche, die von der taz kamen. Journalisten, die für ADN - die staatliche Nachrichtenagentur der DDR - die Welt gesehen hatten, trafen auf Kollegen, die die Welt des Journalismus durch die Wende für sich entdeckt hatten. Und Böhme stand auf der Kommandobrücke: um zu lernen, zu vermitteln, zu gestalten.

Die Washington Post hat Böhme nicht hinbekommen. Dafür aber Seriosität im Privatfernsehen: Mit Sendungen wie "Talk im Turm" oder "Der grüne Salon" gab ausgerechnet der Zeitungsmann den besten, gelassensten, informiertesten Moderator des neuen Deutschlands.

Dass der Hesse seinen Ost-West-Laborversuch erfolgreich gestaltete, zeigt sein Privatleben: 2004 heiratete er das "Gesicht der DDR", Angelika Unterlauf, bis zur Wende Sprecherin der "Aktuellen Kamera". Erich Böhme ist am Samstag 79-jährig an Krebs gestorben.

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3 Kommentare

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  • SR
    Sören Roth

    Ich trauer Herrn Böhme auch nach.

    Der Verfassungsschutz nicht.

    Ich vermute "der Ausbruch und Radau"

    der letzten Tage könnte ein Deckmantel

    für inoffizielle Aktionen diverser Diente

    sein, welche eventuell in den Irrungen und

    Wirrungen um die RAF und ihre Handlungen

    gedient haben.

    Ist der Aust eigentlich Journalist?

  • M
    MAt

    @ Linker_Rechter:

     

    Zum Strauß geht´s aber vermutlich in die andere Richtung.

    Ansonsten: Frieden wünsche ich ihm (Böhme) natürlich auch.

  • L
    Linker_Rechter-Rechter_Linker

    Böhme war ein Dinosaurier. Im Positiven. Für ihn war Information und sorgsame Recherche das Fundament für guten Journalismus. Eine Tugend, die in den Redaktionen von heute selten geworden sind. Denn merke: Privatmeinung schlägt keine Fakten!

    Böhme ruhe in Frieden und freue sich auf Strauß und Wehner, die er bald auf der Wolke treffen darf...