Nachgefragt: 45-Minuten-Pauker?
■ Schulreform - Lehrer machen nicht mit
Eberhard Plümpe ist ein engagierter Lehrer am Sek-II-Zentrum Hamburger Straße. Wir fragten nach seiner Meinung zu dem Plan der Bildungssenatorin, daß die Lehrer in ihrer Arbeitszeit in der Schule nicht nur für 45-Minuten-Stunden präsent sein sollten. (vgl. taz 23.11.)
taz: Die Bildungssenatorin hat gesagt, die Bremer Lehrer würden die eine Stunde mehr Unterricht, die die CDU verlangt, gern „auf einer Backe“ absitzen. Stimmt das?
Eberhard Plümpe: Nein. Stimmt nicht.
... die Lehrer seien faul und reformunwillig...
.. hat sie Gründe für ihren Eindruck angegeben?
.. und hätten auf das Angebot der Behörde, in Modellversuchen die neue Arbeitszeitordnung auszuprobieren, nicht reagiert.
Mag sein. Ich kann da nur für mich sprechen. Ich habe dieses Modell der GEW abgelehnt. Ich habe auch dem Vertreter der Senatorin, der in unsere Schule gekommen ist, übrigens unser früherer Personalratsvorsitzender, gesagt, daß ich von diesem Modell nichts halte.
Warum nicht?
Weil vieles von dem, was der Senatorin vorschwebt, schon von Lehrern in unserem Haus gemacht wird. Nicht von allen, aber von „den“ Lehrern kann man sowieso nicht sprechen.
Wenn es eh gemacht wird – was spricht dann dagegen?
Wir brauchen dafür nicht eine besondere senatorische Anweisung.
Was wird schon umgesetzt?
Klassenfahrten, Einladungen an außerschulische Referenten, pädagogische Konferenzen nachmittags, Ausflüge zu Vorträgen, Betreuungsarbeit ...
Sind denn die Lehrer an der Hamburger Straße 38,5 Stunden im Jahresdurchschnitt an der Schule präsent?
Natürlich nicht. Dafür fehlen übrigens die Arbeitsplätze. Wir haben da doch keine Büros, wo sollten wir uns denn hinsetzen? Ins Lehrerzimmer? Einen Teil ihrer Arbeit müssen Lehrer zuhause machen: die Vorbereitung des Unterrichts.
In der Bevölkerung ist der Eindruck vorherrschend, daß Lehrer mittags nach Hause gehen und sich dort um ihre privaten Dinge kümmern.
Ein sehr verbreitetes Vorurteil.
Trifft das nur auf Sport- und Religionslehrer zu?
Das trifft auf überhaupt keine Lehrer zu. Ich darf die Bevölkerung einladen, sich in unserem Haus umzusehen, was sich da nachmittags und abends alles abspielt.
Das scheint mir ein trotziger Streit. Wenn Sie sagen: Wir machen das ja alle schon...
Nicht alle. Viele. Es gibt auch Lehrer, die schon vor ihrer Rente müde sind. Wie in allen Berufen.
Aber warum sind dann die Lehrer, die sich engagieren, dagegen, daß das als Modell beschlossen wird?
Weil wir befürchten, daß nur eine Arbeitszeitverlängerung dahinter steckt.
Die Senatorin will, daß die Schule ein festes Betreuungsangebot macht und nicht die Kinder früher als 13 Uhr zum Beispiel nach Hause schickt.
Ich begrüße dieses Vorhaben und hoffe, daß sie dann auch die Mittel dafür zur Verfügung hat.
Das bedeutet: mehr Lehrer.
... und die Räume und die Materialien und alles, was in dem Bürgerantrag des ZEB steht.
Was treibt die Senatorin, diese ihre Idee nun auf einer Pressekonferenz öffentlich zu machen, wenn sie sich vorher an den Schulen Körbe geholt hat?
Weiß ich nicht. Ich vermute, daß sie die Hoffnung hat, eine Arbeitszeitverlängerung durch dieses Mittel besser durchsetzen zu können als durch schlicht eine Stunde mehr Lehrdeputat.
Int.: K.W.
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