Nachgefragt: Raus aus dem Regen!
■ Jugendreiseexperte Jean Gerardu über Restangebote für urlaubsreife Kids
Die Zeugnisse haben sie in der Tasche – und jetzt? 90.000 SchülerInnen versuchen, dem tristen Bremer Sommer zu entfliehen. Oft scheitert das am Geld. Trotz aller Kürzungen bieten aber mehr als 40 Verbände immer noch Kinder- und Jugendfreizeiten an. Die taz fragte Jean Gerardu vom „Servicebüro Internationale Jugendkontakte“, was noch drin ist.
taz: Wir stellen uns vor, ich bin 14 und will nun doch noch wegfahren. Haben Sie was für mich?
Jean Gerardu: Sie sind ein bißchen spät dran. Den Katalog Jugendreisen in Bremen haben wir wie in jedem Jahr schon im Februar verteilt. Jetzt gibt es wirklich nur noch Restplätze.
Das reicht ja vielleicht. Wo ist denn noch was frei?
Meines Wissens sucht der Arbeitskreis Jugendwohngemeinschaften noch Leute, die vom 19. Juli bis 3. August mit nach Polen fahren. Der Bund katholischer Jugend hat noch Plätze bei einer Radtour durchs Emsland und bei einer Paddeltour durch Niedersachsen frei. Auch Ameland und Gdansk sind dort noch im Angebot. Um genaue Angaben zu bekommen, müssen Sie allerdings die Verbände selbst anrufen. Vielleicht sind auch noch ganz andere Reisen zu haben.
Wieviele Reisen waren in diesem Sommer insgesamt im Angebot?
Der Katalog umfaßt 180 Reisen für Leute zwischen acht und 25 Jahren. Auch Fernziele sind da dabei – bis in die USA. Aber die Kleineren bleiben sowieso meistens in Deutschland, auch weil die Eltern sie nicht über die Grenze schicken wollen. Bei den Größeren sind vor allem die klassischen Reiseziele beliebt: Frankreich, Italien, Spanien.
Und dann liegen die da faul in der Sonne... Was ist denn aus den guten alten Solifahrten zum Brunnenbau nach Nicaragua geworden?
Es gibt schon noch Workcamps. Kriegsgräberfürsorge in Lettland oder Spielplatzbau in der Türkei. Das ist auch nach wie vor beliebt.
Und die Nachfrage insgesamt?
Tendenziell gibt es in diesem Jahr Probleme bei den teureren Fahrten. Da ist wohl doch das Geld oft nicht mehr da. Die Fahrten sind auch sehr unterschiedlich, was den Preis betrifft: Da werden zwei Wochen Riga angeboten für 460 Mark und 17 Tage USA für 2.750 Mark.
Das Interessante an den Reisen ist aber doch, daß sie bezuschußt werden. Zahlt nicht der Senat meine USA-Reise?
Bestimmt nicht. Die Höhe des Zuschusses, den der Verband, mit dem Sie reisen, für Sie beantragt, hängt von dem Einkommen Ihrer Eltern und eben von dem Preis der Reise ab. Im Höchstfall liegt er aber bei etwa 500 Mark.
War das mal mehr? Da ist doch bestimmt gekürzt worden.
Aber nicht viel. Es gab eine Kürzung durch Umverteilung. Die Hälfte des Etats von 350.000 Mark sollte nicht mehr für Kinder- und Jugendreisen, sondern für Familienerholung ausgegeben werden. Da haben die Verbände protestiert und bei Nachverhandlungen vor 14 Tagen noch einmal 50.000 Mark herausgeholt. Zuschüsse von unter 100 Mark werden allerdings nicht mehr gewährleistet. So bleiben die Höchstsätze erhalten. Interview: jago
Angebote und Adressen beim Jugendring: Tel.: 17 06 98
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