Nachgefragt: „Dauert zu lange“
■ Schnellere Jugendstrafen sind wichtig, sagt Jugendgerichtshelfer Bernd Rein
Jugendliche müssen nicht härter sondern schneller bestraft werden – das hat jetzt Horst Isola, justizpolitischer Sprecher der SPD, in einem Grundlagenpapier gefordert. Zehn Thesen hat er insgesamt aufgestellt – als Diskussionsgrundlage für eine neue Arbeitsgruppe innerhalb der SPD. Denn SPD- und CDU-Bürgerschaftsfraktionen wollen das Thema Jugendkriminalität künftig zusammen beackern und planen einen gemeinsamen Antrag. Wir sprachen darüber mit Bernd Rein. Er ist Vorsitzender der Bremer Regionalgruppe der „Deutschen Vereinigung der Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen“.
taz: Tataufklärung, Urteil und Vollstreckung – all das soll schneller gehen. Dauerte es bisher zu lange?
Bernd Rein: Es gibt Verfahren, die zu lange dauern. Das sind solche, bei denen die Ermittlungen schleppend laufen oder die Staatsanwaltschaft personelle Engpässe hat. Es ist Herrn Isola zuzustimmen. Denn es ist pädagogisch sinnvoll, auf die Straftat schnell zu reagieren. Es wirkt auf Jugendliche mehr, wenn bis zum Urteilsspruch nicht zum Teil bis zu zwei Jahre vergehen. Sie können sich gar nicht mehr an die Details erinnern und auch die Zeugen nicht.
Die Staatsanwälte haben laut Bremer Amtsgericht jährlich zwischen 1.600 und 1.900 Jugendstrafverfahren auf dem Tisch. Sind sie überlastet?
Es kann tatsächlich zu Verzögerungen kommen, wenn zum Beispiel Krankheiten oder Urlaubszeiten dazwischen kommen. Schließlich beurteilt die Staatsanwaltschaft ja zunächst, ob es überhaupt zur Anklage kommt oder ob das Verfahren eingestellt wird.
SPD-Mann Isola fordert deshalb auch ausreichend Personal. Aber was ist noch zu tun, damit es schneller geht?
Wenn die Polizei einen Jugendlichen gefaßt hat, wird die Jugendgerichtshilfe neuerdings bei schweren Straftaten sofort informiert. Das haben wir jetzt so vereinbart, weil wir ansonsten davon erst bei der Anklageerhebung erfahren.
Und in so einem Fall geht Zeit verloren?
Genau, diese Interventionsverfahren sollen nun alles etwas verkürzen. Die Jugendgerichtshilfe will den Jugendlichen ja so schnell wie möglich bei Problemen mit der Ausbildung oder der Familie Hilfestellung anbieten. Jede Verzögerung ist da schlecht, und da hat Herr Isola völlig recht. Sein Papier kann ein Beitrag zur Versachlichung der Diskussion sein, damit Jugendliche nicht mehr nur als kriminell und gewalttätig wahrgenommen werden. Sie machen nicht nur Probleme, sondern haben selber welche. Wer nur härtere Strafen verlangt, der drückt repressive Hilflosigkeit aus und zeigt wenig Interesse an den tatsächlichen Ursachen. Es liegt letzendlich auch im Interesse der Opfer von Straftaten, delinquente Jugendliche zu integrieren und nicht weiter auszugrenzen. Fragen: Katja Ubben
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