Nachgefragt: „Angst vorm Haudegen“
■ Personalberaterin Flamm über das Problem, als Frau Chef(in) zu sein
„Leiten mit Lust und Selbstvertrauen“heißt ein Seminar, das die Hamburger Personalberaterin Helga Flamm Ende September in Bremen anbietet. Wir sprachen mit ihr über die Probleme von Frauen und Männern in Führungspositionen.
taz: Sie nennen Ihr Seminar „Leiten mit Lust“. Haben Frauen keine Lust zu leiten?
Helga Flamm, Personalberaterin: Leiten ist nicht nur Lust, und das spüren nicht nur Frauen, sondern auch Männer. Wenn Männer und Frauen in eine Führungsposition kommen, sind sie fachlich meist sehr gut qualifiziert, aber ihnen fehlt eben noch die Leitungserfahrung – und die müssen sie sich erarbeiten.
Ihre Seminare besuchen vor allem Frauen aus dem sozialen Bereich und sie sind in weniger gehobenen Positionen. Woran liegt das?
Die Bildungssituation der Frauen hat sich enorm verbessert, aber Frauen in sehr gehobenen Leitungspositionen sind nach wie vor die Ausnahme. Es gibt ab der Abteilungsleiterebene eine Lehmschicht, durch die ganz wenige Frauen durchdringen. Es gibt eben keine Rollenvorbilder für Frauen. Wenn sie sich wie Männer verhalten, wird ihnen das harte Maggie-Thatcher-Phänomen vorgeworfen. Auf der anderen Seite fehlt den Frauen aber das Vorbild, wie sie es anders managen können.
Sie bieten auch Seminare für Männer an. Was ist der Unterschied zu den Frauen?
Männer lernen in den Seminaren, daß sie nicht der starke Macker sein müssen und daß ihnen ihre weichere Seite nichts von ihrer Führungskompetenz nimmt. Bei den Frauen ist es genau umgekehrt. Sie lernen: Wenn es gar nicht anders geht, dann müssen sie auch mal auf den Tisch hauen. Es ist schwer für sie, einfach zu sagen: So ist es, und es geht nicht anders.
Und was hält die Frauen davon ab?
Sie fürchten am meisten, nicht mehr geliebt zu werden, und sie haben Angst davor, als Haudegen dazustehen.
Wie vermitteln Sie da einen Mittelweg?
Die Kunst beim Leiten liegt in der Vermittlung. Das gilt für Männer und Frauen. Es ist die Rolle einer Führungsperson, zwischen den unterschiedlichen Zielen der MitarbeiterInnen und den Zielen des Unternehmens zu vermitteln. Das ist der Hauptspannungsbogen. Für Frauen heißt es, zu akzeptieren, daß ich im Betrieb nie eine vollkommene Harmonie haben kann.
Wie thematisieren Sie das in Ihrem Seminar?
Die Kunst des Leitens liegt auch in der Klarheit der eigenen Rolle. Bei dem Seminar finden die Teilnehmerinnen Zeit dazu, sich darüber bewußt zu werden. Sie können Luft holen und ihre eigene Rolle und ihre Probleme reflektieren. Dann gebe ich Methoden an die Hand, wie man sich selber besser steuern kann – und vermittel Wissen über bestimmte Management-Methoden, die die Führungskompetenz stärken. Fragen: Katja Ubben
Das Seminar läuft am 20. und 21. September. Anmeldung im Frauenrzentrum „belladonna“unter
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