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Nachgefragt„Art von Rassismus“

■ Aydin Findikci, Chef des Türkischen Zentralverbandes, zur Bürohausaffäre

Der Türkische Zentralverband darf trotz gültigen Mietvertrags nicht in den Breitenweg 1a ziehen, weil die Eigentümer keine Türken in ihrem Haus haben wollen (taz 27.11). Der Verwalter, der dem Zentralverband die Räume zugesichert hatte, wurde fristlos entlassen. Gegen diese „Art von Rassismus“will Dr. Aydin Findikci (34) nun juristisch vorgehen. Der Wirtschaftswissenschaftler ist Vorsitzender des Zentralverbandes und lebt seit 1979 in Deutschland.

Herr Findikci, wann haben Sie die Nachricht erhalten, daß Sie trotz gültigen Mietvertrags nicht im Breitenweg 1a einziehen dürfen?

Der Verwalter, von dem wir die Räume gemietet haben, hat uns am 7. Januar angerufen und gesagt, daß wir hier nicht einziehen dürfen, weil wir Türken sind. Den Auftrag, uns zu informieren, hatte er von den Eigentümern.

Sie hatten zu dieser Zeit schon mit den Renovierungsarbeiten begonnen. Wieviel Geld haben Sie investiert?

Wenn man die Arbeitsstunden mit einrechnet, haben wir bisher mehr als 20.000 Mark investiert. Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die Absage erhalten haben?

Das kann ich sehr schlecht beschreiben, weil ich derartige Diskriminierungen kenne. Aber daß die Diskriminierung so weit geht, ist neu: Wir dürfen die Räume nicht beziehen, weil wir Türken sind. Das ist mehr als Rassismus. Ich frage mich natürlich auch nach den Gründen für die Abneigung.

Der Hausverwalter, Andreas Bölts, der sich gegen Ihren Einzug ausgesprochen hat, sagt, daß die Mieter sich vor Ihnen fürchten.

Der Türkische Zentralverband betreut Türken, die hier regulär arbeiten, die hier ihre Steuern zahlen und die letztlich zum Wohlstand in Deutschland beigetragen haben, und zwar erheblich. Herr Bölts gehört zu der Generation, die von diesem Wohlstand profitiert, und er sollte dankbar dafür sein. Mein Vater ist Anfang der 70er Jahre als Arbeiter nach Deutschland gekommen. Er hat hier über 26 Jahre gearbeitet. Jetzt will Herr Bölts mich rausschmeißen.

Werden Sie die Eigentümer des Bürohauses jetzt auf Schadensersatz verklagen?

Nein. Wir werden nicht auf Schadensersatz klagen. Wir werden den Eigentümern jetzt eine Frist setzen, weil sie einige Umbauten, zu denen sie sich verpflichtet hatten, noch nicht ausgeführt haben. Wenn die Eigentümer sich nicht melden, werden wir weiter umbauen. Und wenn sie uns daran hindern weiterzuarbeiten, werden wir darauf klagen, daß unser Mietvertrag die Gültigkeit behält. Wir lassen uns nicht vertreiben.

Dagmar Lill, die Ausländerbeautragte des Landes Bremen, hat gefordert, das Antidiskriminierungsgesetz voranzutreiben. Glauben Sie auch, daß Ihnen dieses Gesetz helfen würde?

Unabhängig davon, ob wir hier bleiben dürfen oder nicht, werden wir juristisch gegen Herrn Bölts vorgehen, wegen Volksverhetzung oder Verleumdung. Das müssen wir noch prüfen. Wir haben auch schon einen Brief an den Ausschuß für Ausländerangelegenheiten gerichtet mit der Absicht, die Entwürfe zum Antidiskriminierungsgesetz zu aktualisieren. Wir wollen eine Gleichstellung, was zum Beispiel das Anmieten von Räumen anbetrifft. Wenn wir als Ausländer Pflichten in diesem Land haben, wollen wir auchRechte.

Fragen: Kerstin Schneider

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