Nachgefragt: „Das ist nicht illegal“
■ Fritz Bettelhäuser über Arbeitslose, Imagekampagnen und Aktionsformen
Mit einem Aktionstag gegen arbeitsplatzfeindliche Politik und Schikanen haben Arbeitslose am Donnerstag eine neue Bewegung anschieben wollen. In Bremen-Nord zogen rund 200 DemonstrantInnen durch die Straßen. Ganz vorne dabei: Fritz Bettelhäuser, Ex-Betriebsrat beim Bremer Vulkan und heute Vorruheständler.
taz: Hat sich der Aktionstag gelohnt?
Fritz Bettelhäuser: Ich bin zufrieden.
Aber beteiligt haben sich in Bremen-Nord nur 200 von 7.500 Arbeitslosen.
Das war auch für die, die mitgemacht haben, ein Problem. Trotzdem waren sie froh, daß mal was passiert. Ich habe versucht, klar zu machen, daß es eben das erste Mal ist, daß Arbeitslose sich selbst organisiert nach vorne bewegen.
Warum haben sie das bisher nicht gemacht?
Von der Politik werden Arbeitslose als Faulenzer und Nichtstuer dargestellt. Da haben sie Hemmungen, offen zu bekennen, daß sie auch zu dieser Gruppe gehören. Sogar für mich war es nicht einfach, auf die Straße zu gehen und mit dem Megaphon rumzumachen.
War die Angst vor dem Outing berechtigt?
Kaum. Ältere Frauen haben geklatscht, als wir gesagt haben, das ist die erste Arbeitslosendemonstration in Bremen-Nord, viele ältere Menschen haben ganz erschrocken geguckt. Aber es gab einige wenige, die meinten, wir sollten lieber arbeiten als den Verkehr zu behindern.
Auch Arbeitsamtdirektoren und Politiker haben den Aktionstag gelobt.
Das ist die neue Taktik der Herrschenden: So haben sie auch die Studentenproteste kaputt bekommen. Auf einmal war der Gegner weg. Herr Blüm würde bestimmt mit uns demonstrieren. Aber der ist mein Geg-ner – deswegen unser Schlachtruf: „Blüm und Kohl, eure Politik ist hohl.“
Kann das nicht andere Arbeitslose abgeschreckt haben? Arbeitslos sein ist ja keine politische Einstellung.
Wir sind doch alle von diesem kapitalistischem System betroffen, das Abschreibungsgesellschaften zuläßt, die Milliarden abziehen.
Wie geht's weiter?
Es muß nicht immer eine Demonstration sein. Man könnte arbeitsmarktpolitische Veranstaltungen platzen lassen, wo nur Spitzenverdiener auf dem Podium sitzen. Denen muß man das Recht und die Kompetenz absprechen, über uns zu entscheiden. Und wenn wir mehr werden, kann es auch passieren, daß so ein Arbeitsamtdirektor oder Politiker hinterher nicht mehr so leicht sagt: Das war aber eine schöne Aktion.
Man muß gar nicht Illegales machen?
Was ist illegal?
Beispielsweise durch Kaufhäuser zu ziehen und sich dort zu bedienen.
Das ist doch nicht illegal. Der Staat und die Kapitalisten bedienen sich doch auch bei uns.
Fragen: bw
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