Nachgefragt: Islamisten ernstnehmen
■ Der Ägypter Abu Zaid, zwangs-geschieden von Islamisten, will Dialog
Der Islamwissenschaftler Nasr Hamed Abu Zaid, dessen Ehe 1995 in Kairo wegen angeblichen Abfalls von der Religion von islamischen Gerichten zwangsgeschieden wurde, ist in Bremen und wird zu einer Veranstaltung der Islamischen Föderation erwartet. Die taz wollte wissen, wie er nach seinen Erfahrungen mit islamistischen Eiferern den Kontakt zu umstrittenen Organisationen wie der Milli Görus nahestehenden „Islamischen Föderation“ sieht.
taz: Wollen Sie Zeichen für Extremisten setzen?
Abu Zaid: Wenn eine solche Gruppierung mich eingeladen hat, wäre das ein gutes Zeichen. Mein Name wird mit Beschuldigungen verbunden, die extremistische Gruppierungen von meiner Einladung abhalten könnte. Mich trotzdem zu akzeptieren, wäre ein Signal von Offenheit und das Zugeständnis, wenigstens zuzuhören. Ich wünschte, dies täten mehr Organisationen in der muslimischen Welt.
Wo positionieren Sie sich da?
Auf der Ebene des Diskurses bin ich ohne wenn und aber gegen extremistische oder fundamentalistische oder konservative islamische Positionen. Die einzige Verbindung besteht in offener Diskussion. Auf politischer Ebene bin ich sehr klar gegen jede illegale Verfolgung – und zwar gegenüber jedermann. Das schließt Extremisten ein.
Wie weit gehen Sie da?
Solange diese den Diskurs innerhalb der zivilen Gesellschaft produzieren und publizieren, ist das zulässig, sofern sie nicht für Gewalt sind. Bis hierher verteidige ich ihre Rechte, sich darzustellen. Sie haben das Recht, eine politsche Partei zu sein.
Sie sind ins Exil gegangen; wurden Sie seitdem von Fundamentalistten bedroht?
Ich wurde von vielen muslimischen Organisationen überallhin eingeladen. Dagegen gab es auch Proteste; aber auch türkische Gruppen, die mich eingeladen haben, kannten meine Situation und respektieren meine Ideen trotzdem.
Was kommt auf Europas Muslime zu?
Ich sehe nur zwei Optionen. Eine ist, Demokratie und Bürgerrechte zu akzeptieren, um in den sozialen Kontext zu passen. Dann wird Muslimen die Freiheit garantiert. Diesen Weg werden die meisten gehen. Die Alternative ist, bei der fundamentalistischen Weltanschauung zu bleiben, was ihr eigenes Leben beschädigen wird.
Fragen: Eva Rhode
Abu Zaid spricht heute um 15 Uhr im Presseclub (Schnoor) über den islamischen Philosophen Averroes
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