Nachgefragt: „Polizeiarzt zuständig“
■ Beweissicherungsdienst in Bremens Abschiebehaft: Wir helfen nur aus!
Der ärztliche Beweissicherungsdienst ist schon häufiger Zielscheibe von Kritik geworden, vor Jahrren wegen der Verabreichung umstrittener Brechmittel an verdächtige Drogendealer im Auftrag von Polizei und Staatsanwaltschaft. Jetzt wird ein Arzt des Dienstes beschuldigt, einen psychisch Kranken – der Männchen sah und Stimmen hörte, nach wie vor aber als haftfähig gilt – in Abschiebehaft nicht ausreichend versorgt zu haben. Die taz sprach mit dem Leiter des ärztlichen Beweissicherungsdienstes, Dr. Michael Birkholz .
taz: Was hat der Beweissicherungsdienst in Abschiebehaft zu tun?
Dr. Michael Birkholz: Die Einrichtungen von Justiz- und Innenbehörde, sprich der Vollzug in Oslebshausen und der Polizeigewahrsam, sind außerhalb der offiziellen Arbeitszeit ärztlich nicht besetzt. Bei medizinischen Problemen müssen sie also auf externe Hilfe zurückgreifen. Üblicherweise ruft man – auch Privatleute – dann den Kassenärztlichen Notfallbereitschaftsdienst. Das ist in der Vergangenheit auch geschehen, bis irgendwann entschieden wurde, auf den ärztlichen Beweissicherungsdienst zurückzugreifen. Unter anderem, weil wir schnell sind und große Erfahrung in der Beurteilung dieser speziellen Klientel habel. Letztlich ist unsere Aufgabe nur, zu entscheiden, ob der Patient sofort ins Krankenhaus muss – oder ob man seine Leiden lindern kann, bis der zuständige behandelnde Arzt im Dienst ist.
Welche Kompetenzen haben die Mediziner?
Nach Vorgaben der Polizei müssen sie Fachwissen in der Notfallmedizin nachweisen. Ansonsten bemühen wir uns um höchstmögliche Qualität der Arbeit, indem wir multidisziplinär arbeiten. Bei uns sind mehrere Psychologen, eine Psychiaterin, ein Internist, zwei Toxikologen und Rechtsmediziner beschäftigt.
Wegen des kranken Angolaners gab es Kritik auch an Ihrem Mediziner. Haben Sie den Fall nachbereitet?
Wenn jemand, wie in der Zeitung stand, Geister sieht, dann geschieht das mit Sicherheit nicht nur nachts. Das muss also dem zuständigen Arzt gemeldet werden, der dann diagnostiziert und die Therapie festlegt. Das wäre der Polizeiarzt.
Wissen Sie, warum das offenbar nicht geschah?
Nein. Ich stelle mir das so vor, dass, wenn da jemand auffällig ist und im Gewahrsam sitzt, der diensthabende Beamte den zuständigen Arzt informiert, damit der sich den Kranken anguckt – nicht der Notfallbereitschaftsdienst. Zum konkreten Fall kann ich sagen, dass Dr. Ritter sich mehrfach mit unserer Psychiaterin beraten und sie gebeten hat, sich den Patienten anzuschauen. Dann haben sich die Ereignisse aber überschlagen, und es kam der Gerichtsbeschluss, wonach unsere Psychiaterin ihn dann untersucht hat.
Hat die – vom Anwalt – kritisierte Gabe von Valium also in Absprache stattgefunden?
Das kann ich nicht beantworten. Jeder Arzt ist für Maßnahmen, die er trifft, selbst verantwortlich, selbst wenn er sich berät. Wir sind für sachliche Kritik dankbar und gehen ihr immer nach. Aber jede Überprüfung hat bisher ergeben, dass sich meine Mitarbeiter korrekt verhalten haben. Fragen: E. Rhode
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