Nachfolge für Kim Jong-Il in Nordkorea: Wenn die Sonne erstrahlt
Am Dienstag soll nun wirklich die Parteikonferenz stattfinden, von der eine Nachfolgeregelung für Diktators Kim Jong-Il erwartet wird. Die Bevölkerung hofft auf Wirtschaftsreformen.
Hell wie die Sonne strahlt das Symbol der Arbeiterpartei - Hammer, Pinsel und Sichel. Soldaten, Arbeiter, Bäuerinnen und Intellektuelle streben voran in eine glückliche Zukunft. "Konferenz der Parteidelegierten, mit großer politischer Begeisterung und bewundernswerten Arbeitsergebnissen!" verkünden die Schriftzeichen auf den Plakaten, die Nordkoreas Hauptstadt auf ein "historisches" Ereignis einstimmen.
Erstmals seit 44 Jahren versammeln sich am Dienstag in Pjöngjang wieder Delegierte der kommunistischen Arbeiterpartei zu einer außerordentlichen Konferenz. Es wird erwartet, dass Nordkoreas kränkelnder Führer Kim Jong-il die Mannschaft vorstellt, mit der er das politisch abgeschottete und wirtschaftlich marode Land in den nächsten Jahren weiter führen will. Frauen sind dabei rar.
Als Meister der Geheimniskrämerei ließ Kim bis zuletzt die Nordkoreaner im Dunkeln, ob und wie er seinen dritten Sohn Jong-un als Nachfolger präsentiert. Damit würde die Familien-Dynastie in dritter Generation fortgesetzt. Kim Il-sung, Vater des heutigen Machthabers und Präsident "auf Ewigkeit", hatte Nordkorea vor 62 Jahren gegründet. Nur soviel drang bisher nach außen: Der etwa 27jährige Junior, der in der Schweiz zur Schule gegangen sein soll, wird als Delegierter bei der Konferenz sein. Lieder, die Schüler schon in Pjöngjang singen müssen, preisen seine großen Fähigkeiten.
Doch Chinas Regierungschef Wen Jiabao wies kürzlich gegenüber dem früheren US-Präsidenten Jimmy Carter Spekulationen über eine Kim-Erbfolge als "falsche Gerüchte des Westens" zurück. Dabei bezog er sich auf ein Gespräch mit Kim Jong-il. Viele Beobachter Nordkoreas glauben denn auch, dass der Junior vorerst kaum mehr als eine symbolische Rolle spielen wird. Die Macht dürfte weiter bei den Militärs und älteren Mitgliedern des Kim-Clans bleiben.
Laut einem südkoreanischen Experten, der den Norden seit Jahren immer wieder bereist, interessierten sich die Nordkoreaner wenig für das neue Regierungspersonal. Sie erwarteten stattdessen "eine Entscheidung für echte Wirtschaftsreformen, die ihr Leben leichter machen". Nach den fehl geschlagenen Versuchen von Hardlinern im Militär im letzten Winter, den privaten Handel einzuschränken, und nach der missglückten Währungsreform seien viele Nordkoreaner nicht mehr bereit, so weiterzumachen wie bisher, heißt es in Pjöngjang. Sie wünschten sich eine wirtschaftliche Öffnung nach dem Vorbild Chinas.
"Die Erwartungen sind groß", sagt der Experte. Sie seien auch dadurch beflügelt worden, dass Kim Jong-il in diesem Jahr gleich zweimal in das reichere Nachbarland gereist ist, wo er sich unter anderem Industriebetriebe anschaute. In Gesprächen mit dem chinesischen Staats- und KP-Chef Hu Jintao und anderen Kadern sei es immer wieder darum gegangen, wie China den Nordkoreanern mit Investitionen und Know-How helfen könne. Dafür müsste auch die Arbeiterpartei gestärkt werden, die bisher nach dem Militär nur die zweite Geige spielt.
China ist inzwischen mit rund 55 Prozent aller Waren wichtigster Handelspartner Nordkoreas. "Früher kamen die chinesischen Kleinhändler, jetzt geben sich die Manager der großen Staatsbetriebe in Nordkorea die Klinke in die Hand", sagt ein europäischer Diplomat in Peking. Geplant sind gemeinsame Industriezonen und Häfen, etwa im nordkoreanischen Rajin.
Für Pjöngjang sind gute Beziehungen mit Peking und Chinas Wirtschaftshilfen lebenswichtig, da Kim seinen Untertanen versprochen hat, dass die Notzeiten bis 2012 zu Ende sind. Das Land ist voller Parolen, die eine bessere Zukunft versprechen. "Überall in Pjöngjang werden Häuser verschönt, Straßen ausgebessert und für die große Parade zum 65. Jahrestag der Partei im Oktober geübt," berichtet der Besucher. Nach Informationen aus Südko wird in Pjöngjang die größte Parade seit Jahren vorbereitet.
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