Nachfolge Bayerische Landesmedienzentrale: Ein Mittagessen unter CSU-Freunden
Die CSU will ihren Minister Siegfried Schneider zum Chef der Landesmedienzentrale machen. Unter fragwürdigen Umständen.
MÜNCHEN taz | Es gibt noch immer Karrieresprünge, die sind so nur in Bayern möglich. So wie der von Siegfried Schneider. Schneider ist Oberbayern-Vorsitzender der CSU und Minister in der Bayerischen Staatskanzlei. Am 24. Februar soll er zum mächtigsten Medienkontrolleur im Land gewählt werden, zum Präsidenten der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) - wenn es nach der CSU geht. Und in Bayern geht es fast immer nach der CSU.
Die Opposition ist geschockt. Für die SPD ist Schneider nicht mehr als ein "zuverlässiger CSU-Amigo", Grünen-Medienpolitikerin Ulrike Gote meint: "Die CSU versucht, sich auf diesem Weg die Kontrolle über den privaten Rundfunk in Bayern zu sichern." Die Oppositionsparteien haben zusammen mit dem CSU-Regierungspartner FDP eine Gegenkandidatin aufgestellt: die Medienprofessorin Gabriele Goderbauer-Marchner. Sie ist CSU-Mitglied, aber nur als Stadträtin in Landshut an der Basis aktiv, kann auf Erfahrung und Fachkompetenz verweisen.
Sie soll für einen staatsfernen Neustart bei der bayerischen Medienaufsicht stehen. Doch im entscheidenden BLM-Gremium, dem Medienrat, geben die Regierungstreuen den Ton an. Selbst Medienratsvorsitzender Erich Jooß unterstützt Schneider offen. "Ich bin für Schneider, und dazu stehe ich", meint Jooß. "Ich sehe ihn fähig, in der Position einen Kurs zu fahren, der nicht parteipolitisch ist."
Die enge Verflechtung zwischen Regierung und BLM hat Tradition. Der scheidende BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring war unter Franz Josef Strauß Leiter des Medienpolitikreferats in der Staatskanzlei. Dann ging er zur BLM und machte sie zum Machtzentrum der bayerischen Medienpolitik. Offiziell ist die BLM zuständig für die Genehmigung und Kontrolle privater Rundfunkangebote. Doch als kritischer Kontrolleur trat Ring eher selten auf. Dafür kritisierte er öffentlich das Schleichwerbeverbot im deutschen Fernsehen als "marktfern" und machte sich erfolglos für die Übernahme von ProSiebenSat.1 durch den Springer Verlag stark. Seine Belohnung für kraftvolle Standortpolitik: Gesamtbezüge von 305.682 Euro im Jahr - davon 108.000 Euro als Leistungsprämie.
Wenn es etwas zu kontrollieren und zu bestrafen gab, agierte die BLM unter Ring dafür meist ungeschickt. Als der Anbieter eines schleichwerbeverdächtigen Regionalprogramms private Kredite über 215.000 Euro an den damaligen Medienratschef zahlte, schwieg Ring jahrelang - bis die Zeitungen über den Skandal berichteten. Als dem Quizsender 9Live ein Bußgeld aufgebrummt wurde, versäumte die BLM, die Bescheide fristgerecht zuzustellen. 9Live musste nicht zahlen.
"Es darf solche Versäumnisse nicht geben", meint die Kandidatin Gabriele Goderbauer-Marchner. In einem Thesenpapier schlägt sie vor, dem Sender 9Live mangels Qualität die Lizenz nicht zu verlängern. Sie sagt, sie möchte als Medienwächterin ohne erhobenen Zeigefinger auftreten, sich mehr um die Mediennutzung der Jugendlichen kümmern, mit der BLM auf das geänderte Nutzungsverhalten der Bevölkerung reagieren. Sie hat einen Brief an alle 47 Mitglieder des Medienrats geschrieben. "Ich bemühe mich, die Medienräte mit meiner fachlichen Kompetenz zu überzeugen."
Auch ihr Konkurrent Siegfried Schneider bemüht sich um die Medienräte. Am 9. Dezember 2010 lud er, wie nun bekannt wurde, CSU-freundliche Medienräte zum Mittagessen ein. Die Einladungen wurden auf Staatskanzlei-Briefpapier verschickt, die Bewirtungskosten von 587,70 Euro zahlten die Steuerzahler. Das Thema des Treffens: Die Präsidentenwahl bei der BLM.
Die Landtagsabgeordnete Jutta Widmann von den Freien Wählern war dabei. Als sie Schneider sagte, dass sie ihn nicht unterstützen werde, hätten viele Medienräte schweigend den Kopf eingezogen, erinnert sie sich. Dann ging eine Unterschriftenliste für Schneider herum. "Man beobachtete, wer unterschreibt und wer nicht", so Widmann. Tobias Thalhammer von der FDP unterschrieb nicht. "Es wurde stark beäugt, dass ich nicht unterschrieben habe", sagt Thalhammer. "Das war sicher eine Art gewollte Gruppendynamik."
Ein Staatskanzleisprecher betont, die Initiative für die Unterschriften sei nicht von Schneider, sondern von einem anwesenden Medienrat ausgegangen. Bei dem Essen habe es sich um eine "normale Arbeitssitzung" für Medienräte mit einer "ähnlichen Einstellung" gehandelt.
Welche Einstellung auch immer sie haben: Wenn die Medienräte am 24. Februar den neuen BLM-Präsidenten wählen, dürfte Gruppendruck keine Rolle spielen. Die Abstimmung findet geheim statt.
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