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Nach sechs Jahren schuldenfrei

Wer sich finanzielle übernommen hat, kann seine Schulden durch ein Insolvenzverfahren loswerden

Zum 01.01.1999 trat die neue Insolvenzordnung (InsO) in Kraft. Sie löste die seit 1877 bestehende Konkursordnung ab und sollte das Konkursrecht zeitgemäßer und praxisnäher machen. Wesentliche Neuerung war die Einführung der Verbraucherinsolvenz: Nicht nur Betriebe können jetzt Konkurs anmelden, sondern auch jeder einzelne Verbraucher. Ziel ist die Befreiung des redlichen Schuldners von seinen restlichen Schulden.

Voraussetzung für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens ist die Zahlungsunfähigkeit des Verbrauchers. Ist diese gegeben, muss er einen außergerichtlichen Einigungsversuch unternehmen. Hierzu muss er mit Hilfe einer geeigneten Stelle sämtliche Gläubiger feststellen, den aktuellen Schuldenstand ermitteln und ihnen einen Schuldenbereinigungsplan vorgelegt haben. Nehmen alle Gläubiger diesen Plan an, ist das Insolvenzverfahren erledigt, und nach einer festgelegten Laufzeit ist der Verbrauchern schuldenfrei.

Für die Erstellung eines Schuldenbereinigungplans geeignet sind Anwälte und Beratungsstellen. Unentgeltlich beraten bisher in Hamburg die Verbraucherzentrale, das Diakonische Werk und die Schuldnerberatungsstellen in den Bezirken.

Lehnt auch nur ein einziger Gläubiger den Schuldenbereinigungsplan ab, muss ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens bei Gericht gestellt werden.

An den hiermit verbundenen Gerichtsgebühren von bis zu 2500 Euro scheiterten bisher häufig die Verbraucherinsolvenzen, weil ein Privatschuldner dieses Geld nicht aufbringen konnte. Dem hat der Gesetzgeber mit einer Nachbesserung Rechnung getragen. Die Prozesskosten können jetzt bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens gestundet werden.

Nachdem man in das gerichtliche Verfahren gelangt ist, wird den Gläubigern zunächst nochmal ein Schuldenbereinigungsplan vorgelegt, diesmal ein gerichtlicher. Wird dieser jetzt von der Mehrheit der Gläubiger akzeptiert, ist der Verbraucher schuldenfrei, wenn die im Plan vorgesehenen Leistungen von ihm erbracht worden sind.

Scheitert dieser Versuch, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren. Der Schuldner muss innerhalb einer so genannten „Wohlverhaltensphase“ von inzwischen sechs Jahren etliche Pflichten erfüllen: Das sind Auflagen wie Abführen des pfändbaren Einkommens, Vermeidung von Neuverschuldung oder das Aufnehmen jeder zumutbaren Erwerbsarbeit. Geht alles gut, befreit ihn anschließend das Gericht von seiner restlichen Schuld.

Und, ganz wichtig: Ein Insolvenzverfahren kann auch betrieben werden, wenn kein pfändbares Einkommen zur Verfügung steht, der Verbraucher also z.B. von Sozialhilfe lebt. Er muss dann die weiteren Obliegenheiten erfüllen und erhält nach Ablauf der Frist ebenfalls Restschuldbefreiung.

Waltraut Braker

(Die Autorin ist Rechtsanwältin in Hamburg)

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