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Nach frühen Erfolgen gegen die PandemieCoronawelle überrollt Taiwan

Die Pandemie schien spurlos an Ostasiens isoliertem Inselstaat Taiwan vorbeizugehen. Doch nun schnellen die Infektionszahlen in die Höhe.

Tawain betrieb eine konsequente Eindämmung, und blieb vom Virus verschont – bis jetzt Foto: Imago

Peking taz | Es scheint fast, als hätten die Bewohner Taiwans am wenigsten damit gerechnet, dass sie nun doch noch von der Pandemie erfasst werden. Bilder von Hamsterkäufen und fast leergefegten Straßen in Taipeh muten dieser Tage an wie eine Reise in Lockdown-Zeiten, die es jedoch im Inselstaat so nie gegeben hat. Doch seit dem Wochenende schwappt eine Coronawelle über Taiwan, die erste seit Ausbruch der Pandemie überhaupt.

Denn im Frühjahr 2020 hatte Taiwans Regierung praktisch als erste überhaupt entschlossen gehandelt – und das nicht trotz, sondern wegen ihrer geografischen und kulturellen Nähe zu China: Sobald in sozialen Medien vom neuartigen Lungenerreger aus Wuhan berichtet wurde, nahmen Taiwans Behörden den Alarm ernst – und misstrauten den Informationen chinesischer Staatsmedien, die das Virus zunächst verharmlosten.

Mit einem lückenlosen Quarantäne-System für Einreisende und aggressiver Kontaktnachverfolgung konnte sich die Pandemie in Taiwan nie richtig ausbreiten: Nur 14 Menschen sind auf der Insel mit 23 Millionen Einwohnern bislang an Covid gestorben. Dabei ist Taiwan wegen Pekings Veto nicht einmal Mitglied in der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

Doch seit letzter Woche kamen über Tausend Infektionen hinzu. Allein am Mittwoch meldeten die Behörden 267 lokale Ansteckungen. Über Piloten soll das Virus erneut ins Land gekommen sein, auch wenn der Ausbruch in einem Quarantäne-Hotel offiziell als eingedämmt galt.

In jedem 2. Landkreis

Später jedoch verbreiteten sich Erreger in Teehäusern – oft Orte versteckter Prostitution – in Taipehs historischem Wanhua-Bezirk. Mittlerweile haben fast die Hälfte aller Landkreise Fälle registriert.

Eigentlich sollte es nicht überraschen, dass eine Bevölkerung, die sich seit letztem Sommer praktisch wieder im Normalzustand befindet, im Alltag kaum noch alarmiert ist. Entsprechend leicht konnte sich das Virus nun ausbreiten.

An Taiwan zeigt sich, dass Staaten mit No-Covid-Strategie ständig auf der Hut sein müssen

Vielleicht ist der epidemiologische Erfolg nun sogar Taiwans Verhängnis: Denn da der politisch isolierte Inselstaat seit einem Jahr nur ganz wenige importierte Fälle zählte, haben die Behörden kaum Erfahrungen mit den inzwischen viel infektiöseren Virusmutationen sammeln können.

Doch reagieren die Behörden nun entschlossen: Landesweit gilt die dritte Warnstufe: Von Schulen bis Kinos sind die meisten nichtessenziellen Einrichtungen geschlossen. Wer ohne Maske auf die Straße geht, muss mit einer Geldstrafe von umgerechnet über 400 Euro rechnen.

Gesundheitsminister Chen Shih-chung hat jetzt eine tägliche Pressekonferenz angekündigt, um gegen Falschinformationen rund um den Virusausbruch aufzuklären.

Geringe Impfbereitschaft

Am Beispiel Taiwan zeigt sich, dass Staaten mit No-Covid-Strategie, wie etwa Australien, Neuseeland und auch China, ständig auf der Hut sein müssen. Denn nur ein einziger Fall, der durch das Quarantäne-System schlüpft, kann die Lage zum Kippen bringen.

Und anhaltende Grenzschließungen sind nötig, um den Status quo aufrecht zu erhalten. Ein nachhaltiger Normalzustand kann also auch für Taiwan nur mit Herdenimmunität erreicht werden.

Doch bislang haben sich erst 245.000 Menschen in Taiwan impfen lassen. Dies hat nicht nur mit einem Mangel an Vakzinen zu tun: Viele Bewohner sahen schlicht nicht die Notwendigkeit für eine Impfung, schließlich war das Ansteckungsrisiko extrem niedrig.

Nun jedoch wird die Impfbereitschaft stark zunehmen. Am Mittwoch konnten die Behörden zumindest eine positive Meldung verkünden: Am Nachmittag trafen zusätzliche 440.000 AstraZeneca-Impf­dosen aus Amsterdam ein.

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3 Kommentare

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  • Die ganze Zero- oder No-Covid Strategie hat eben Grenzen. Um eine wie auch immer entstandene Herdenimmunität kommt man nicht herum. Impfen oder Infektion durchmachen scheint der einzig geeignete Weg. Länder, die sich abschotten konnten, aber es versäumen zu ausreichend zu Impfen, werden früher oder später auch ihre Pandemie bekommen, so radikal können die sich gar nicht auf Dauer abgrenzen.

    • @TazTiz:

      Die NoCovid-Strategie verfolgt nicht das Ziel, das Coronavirus lokal auszurotten und sich total abzuschotten, um dann die Rückkehr zum alten Leben zu feiern. Das wäre unrealistisch, und das wissen gerade auch die Wissenschaftler, die für NoCovid plädieren. Vielmehr ist es die Alternative zum Dauerlockdown: Rollt eine Welle an, dann ist ein kurzer und harter Lockdown unterm Strich besser als ein vergleichsweise milder und ewig langer.

      Das Beispiel Schule verdeutlicht es recht gut: So viel Schule wie möglich, so wenig Ausfall wie irgend möglich - stets handelte die Politik im Laufe der Pandemie nach dieser Devise. Das hat den Schülern nicht gutgetan, denn die Auflagen sind derart heftig, dass die Schüler fast nur noch betreut, aber kaum noch unterrichtet werden. Mit einer Ausnahme: Zwischen Schuljahresbeginn 2020/21 und den Herbstferien ging was. Hätte man die zweite Welle im Herbst ähnlich konsequent bekämpft wie die erste, so hätte man nach drei bis vier Wochen wieder einigermaßen normal unterrichten können. Und das wäre besser gewesen als dieser gruselige Wechselunterricht, der jetzt seit einem halben Jahr läuft und von dem keiner so recht was hat.

  • Tja, wie der Artikel so schön sagt, NoCovid ist eine dauerhafte Aufgabe, dauerhafte Kontrolle und das ständige Damokles-Schwert und kein 2-3 Wochen Sprint nach dem Motto "kurz und knackig".