Nach falschem Kindesmissbrauchsbericht: BBC entschädigt Tory-Politiker
Nach einem falschen Bericht der BBC will der Sender nun zahlen: Es geht um die angebliche Verwicklung des Tory-Politikers McAlpine in die Kindesmissbrauchsaffäre.
LONDON afp | Nach dem falschen BBC-Bericht über die angebliche Verwicklung eines Politikers in einen Kindesmissbrauchsskandal will der Sender den Briten finanziell entschädigen. Der Tory-Politiker Alistair McAlpine erhalte 185.000 Pfund (229.000 Euro) Entschädigung, teilte die BBC am Donnerstag mit. Ein vierter Festgenommener in der Missbrauchsaffäre um den einstigen Starmoderator Jimmy Savile kam indes auf Kaution wieder frei.
Die Summe entspreche einer Vereinbarung mit dem Politiker, nachdem dieser eine Verleumdungsklage eingereicht hatte, hieß es in der Erklärung der BBC weiter. Die „umfangreiche“ Zahlung stehe für die „Schwere der Vorwürfe“, die fälschlicherweise erhoben worden seien. Neben der Entschädigungszahlung sollen McAlpine, der zur Zeit von Premierministerin Margaret Thatcher tätig war, auch seine Kosten erstattet werden. Zudem soll vor Gericht eine Erklärung verlesen werden, mit der sich die BBC bei ihm entschuldigen will.
McAlpine begrüßte die „schnelle und frühe Einigung mit der BBC“. Er wolle jetzt auch eine Einigung mit weiteren Organisationen erzielen, „die verleumderische Äußerungen“ über ihn veröffentlicht hätten sowie mit Einzelpersonen, die den Kurznachrichtendienst Twitter zur Verbreitung genutzt hätten.
Der falsche Bericht war vom BBC-Flaggschiff „Newsnight“ gesendet worden. Neben dem Skandal ist die BBC zudem in eine weitere Missbrauchsaffäre verwickelt. In diesem Fall geht es um den einstigen BBC-Starmoderator Jimmy Savile, der jahrelang Kinder missbraucht haben soll. Savile starb vergangenes Jahr im Alter von 84 Jahren. „Newsnight“ wird vorgeworfen, Hinweise zum Fall Savile zurückgehalten zu haben. Zudem gibt es Vorwürfe, dass Savile von BBC-Mitarbeitern jahrelang gedeckt wurde.
In der Affäre gab es am Donnerstag eine vierte Festnahme. Bei dem Verdächtigen handele es sich um Saviles BBC-Kollegen, den 67-jährigen ehemaligen Radio-DJ Dave Lee Travis, berichteten britische Medien. Die Polizei sprach lediglich von einem etwa 60 Jahre alten Mann, dem Sexualstraftaten vorgeworfen würden. Wie am Abend bekannt wurde, kam der Mann nach seiner Aussage auf Kaution wieder frei.
Laut Medienberichten arbeitete Travis zusammen mit Savile 25 Jahre lang für BBC Radio 1, bevor er zum BBC-Programm World Service Network wechselte. Bislang gibt es keine Hinweise, dass Travis Pädophilie zur Last gelegt wird. Allerdings werfen ihm zwei Frauen vor, er habe sie in den 70er und 80er Jahren belästigt, was Travis vehement zurückweist.
Die Affäre Savile erschüttert Großbritannien seit Wochen, immer wieder gibt es neue Enthüllungen. Im Zusammenhang mit dem Skandal wurden auch drei britische Prominente festgenommen, unter ihnen Ex-Glam-Rock-Star Gary Glitter. Auch sie kamen aber gegen Kaution wieder auf freien Fuß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin