Nach der Landtagswahl in Sachsen: Weg frei für Kenia-Bündnis

Einer Koalition von CDU, Grünen und SPD steht in Sachsen nichts mehr im Weg. Als letzte Partei stimmten am Donnerstag die Grünen zu.

Michael Kretschmer, Katja Meier, Wolfram Günther und Martin Dulig stehen vor Mikrofonen. Im Hintergrund EU-, Deutschland-, und Sachsenflagge.

Der Ministerpräsident (l.) und die Spitzenkandidaten von Grünen und SPD nach einer Sondierungsrunde Foto: dpa

Dresden taz | Als letzter Partner der beabsichtigten Kenia-Dreierkoalition in Sachsen hat am Donnerstag die Parteibasis der Bündnisgrünen dem Koalitionsvertrag zugestimmt. In der mit einer Briefwahl kombinierten Onlineabstimmung sprachen sich 93 Prozent der teilnehmenden 1.537 Mitglieder für den Koali­tionsvertrag aus. Parteisprecherin Christin Melcher nannte die Beteiligungsquote von nur 59 Prozent „akzeptabel“. Vorausgegangen waren sechs Regionalkonferenzen.

Damit ist der Weg frei für die am Freitag angesetzte Wiederwahl von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und die Vereidigung des neuen Regierungskabinetts. Zugleich werden mehrere Landtagsgremien gewählt.

Das Dreierbündnis ist nach Verlusten der bisherigen Koalitionspartner CDU und SPD bei der Landtagswahl im September die einzig mögliche Mehrheitsregierung jenseits von AfD und der Linken. Mit beiden hatte die CDU eine Koalition ausgeschlossen. Damit können die Bündnisgrünen, die sich auf 8,6 Stimmenprozente verbesserten, erstmals in Sachsen mit­regieren.

„Sachsen-Kenia“ verfügt im Landtag über eine gemeinsame Mehrheit von 67 der 119 Sitze. Möglich wurde sie durch das knappe Scheitern von FDP und Freien Wählern an der Fünfprozenthürde. Sonst wäre eine Viererkonstellation nötig geworden.

Mit fliegenden Fahnen in die Koalition? eher nicht

Die sächsische SPD hatte ihre Mitgliederbefragung bereits am Sonntag um Mitternacht beendet. 74 Prozent votierten für den Eintritt in die Koalition, der Landesvorstand bestätigte dieses Votum einstimmig. Der Landesvorsitzende und bisherige Wirtschaftsminister Martin Dulig sprach von einem „eindeutigen Ja“ und einem „klaren Auftrag“.

An der Basis wird dies nicht so eindeutig gesehen. Trotz guter Arbeit in der vorherigen Koalition mit der CDU schrumpfte das Wahlergebnis auf nur noch 7,7 Prozent und rief Skeptiker auf den Plan. Für eine Partei, die keine andere Wahl hat, wenn sie in der Landespolitik noch eine Rolle spielen will, erscheint wiederum eine Zustimmung von drei Vierteln der 5.000 Mitglieder zu mager.

Andere Stimmen halten es für gut, dass die Sozialdemokraten sich nicht mit „fliegenden Fahnen“ in ein neues Koalitionsabenteuer stürzen. Immerhin kann Landeschef Dulig darauf verweisen, dass mit der Gemeinschaftsschule, einem Vergabegesetz für bessere Löhne und der Gründung einer Landesverkehrsgesellschaft zentrale Forderungen der SPD im Koali­tionsvertrag stehen.

Auch die Union geht nicht mit fliegenden Fahnen in dieses ungewohnte Dreierbündnis. Sie verzichtete als einzige Partei auf ein Mitgliedervotum und ließ einen Sonderparteitag in Radebeul entscheiden. „Losmachen für Sachsen“ lautete das Motto. Wer aber vor allem losmachte, waren Skeptiker und Gegner des Koalitionsvertrags. Sorgen über einen befürchteten „Umbau der Gesellschaft“ wurden geäußert, und von „vielen Kröten, die die Zustimmung erschweren“, war die Rede.

Konkret meinte das die Einfügung von Kinderrechten ins Grundgesetz, erleichterte Schwangerenberatung oder zu geringen Schutz gegenüber „Bandenkriminalität durch Migranten“. „Die Wähler bekommen eine Regierung mit linksgrüner Handschrift“, hieß es bei Parteirechten.

Ministerpräsident Kretschmer, sein Generalsekretär Alexander Dierks und die Fachminister kämpften vom Podium herab um jedes Argument und um Einzelpunkte des Koalitionsvertrages. Bei der Abstimmung gab es aber nur etwa 15 Prozent Gegenstimmen, genau ausgezählt wurde nicht. Mit diesen erzkonservativen Kräften wird die sächsische Union auch in Zukunft rechnen müssen.

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