Nach der Attacke auf den BVB-Bus: Rätselhafter Anschlag
Die Ermittler haben weiterhin keine heiße Spur. Die vorgeblich islamistischen Bekennerschreiben geben der Polizei Rätsel auf.
Am Dienstagabend waren im Dortmunder Stadtteil Hörde drei Sprengsätze in unmittelbarer Nähe des Teambusses der Fußballer detoniert. Die Rohrbomben waren mit Metallstiften bestückt und hatten eine Sprengwirkung von mehr als 100 Metern.
Durch die Wucht der Explosion zersplitterte das Sicherheitsglas im Heckbereich, ein Metallstift bohrte sich in die Kopfstütze eines Bussitzes. Die Glasscherben verursachten erhebliche Verletzungen am Arm des spanischen BVB-Innenverteidigers Marc Bartra. Der Fußballer musste notärztlich behandelt und anschließend im Krankenhaus operiert werden. Ein Polizist erlitt ein Knalltrauma und einen Schock.
Laut Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) waren die Bomben hochprofessionell gebaut. „Die Sprengkraft war enorm“, sagte er am Donnerstag im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Die Sprengsätze sollen elektronisch aus der Ferne gezündet worden sein.
Ermittlungen in alle Richtungen
Kriminaltechnische Untersuchungen des Zündmechanismus und der Art des verwendeten Sprengstoffes dauern an. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe geht von einem terroristischen Hintergrund aus.
Völlig unklar ist jedoch nach wie vor, wer hinter der Tat steckt. Die Sicherheitsbehörden ermitteln in alle Richtungen. Die drei textgleichen Bekennerschreiben, die am Anschlagsort gefunden wurden, scheinen zwar auf eine dschihadistische Urheberschaft zu weisen, aber sie passen in Form und Inhalt nicht zu bekannten Mustern. Daher könnte es sich auch um einen Anschlag unter falscher Flagge handeln, begangen von einem fanatischen Islamhasser oder von Neonazis, heißt es aus Sicherheitskreisen.
Ihren Verdacht gegen zwei mutmaßliche Islamisten hat die Bundesanwaltschaft jedenfalls inzwischen fallen gelassen. Die Ermittlungen hätten keinen Beleg dafür ergeben, dass die beiden an dem Anschlag beteiligt waren.
Der am Mittwoch zunächst vorläufig festgenommene Iraker Abdul Beset A. bleibt trotzdem in Untersuchungshaft. Der Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof erließ am Donnerstag Haftbefehl. Begründung: Der 26-Jährige sei dringend verdächtig, Mitglied des „Islamischen Staats“ zu sein und im Irak eine zehnköpfige IS-Einheit angeführt zu haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Angeblich zu „woke“ Videospiele
Gamer:innen gegen Gendergaga
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Experten warnen vor Trump-Zöllen
Höhere Inflation und abhängiger von den USA
Die Brennelementefabrik und Rosatom
Soll Lingen Außenstelle von Moskaus Atomindustrie werden?
Klimagipfel in Baku
Nachhaltige Tierhaltung ist eine Illusion