Nach der Annektierung der Krim: Russisches Militär rückt weiter vor

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und Außenminister Steinmeier sichern der Ukraine Solidarität zu. Auf der Krim setzt sich Russland militärisch weiter fest.

Einer unter vielen, die jetzt die Krim kontrollieren: russischer Soldat. Bild: reuters

KIEW/MOSKAU dpa | Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau steht ein Großteil der Militäreinrichtungen und der ukrainischen Flotte auf der Krim unter russischem Kommando. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon stellte sich derweil bei einem Besuch in Kiew demonstrativ an die Seite der Ukraine. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte weitere Hilfe bei der Stabilisierung des Landes zu.

Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) entsandte am Samstag ein erstes Team mit 40 internationalen Beobachtern in die Ukraine. Moskau hatte am Freitag seinen Widerstand aufgegeben, der Ständige Rat der OSZE billigte die Mission mit der Stimme Russlands. Die Beobachter sollen Informationen über die Sicherheitslage und den Schutz von Minderheiten in der Ukraine sammeln. Auf die Krim dürfen sie jedoch vorerst nicht.

Damit werden aus Sicht Russlands die „neuen politisch-juristischen Realitäten“ anerkannt. Das OSZE-Mandat gelte nicht für die Republik Krim und die Stadt Sewastopol, die ein Teil Russlands seien, betonte das Außenministerium am Samstag. Die ukrainische Regierung, die EU und die USA verurteilen den Anschluss als völkerrechtswidrig. Die Ukraine beharrt weiter darauf, dass die Schwarzmeerhalbinsel zu ihrem Staatsgebiet gehört.

Anfangs werden der Mission rund 100 Beobachter angehören, es können aber bis zu 500 entsandt werden. Deutschland hatte in Aussicht gestellt, sich mit bis zu 20 Experten zu beteiligen.

„Nationalistisches Banditentum“

„Russland hofft, dass die objektive und unabhängige Arbeit der internationalen Beobachter helfen wird, die innerukrainische Krise zu lösen“, erklärte das Außenministerium. „Nationalistisches Banditentum“ und „ultraradikale Tendenzen“ dürften sich nicht weiter ausdehnen. Moskau begründet sein Vorgehen in der Ex-Sowjetrepublik mit dem Schutz der russischsprachigen Bevölkerung im Süden und Osten vor „Faschisten“ aus der Westukraine.

UN-Generalsekretär Ban sicherte der Ukraine seine Solidarität zu. „Das ukrainische Volk durchlebt derzeit ein Trauma, das kein Land durchmachen sollte“, sagte er bei einem Treffen mit Regierungschef Arseni Jazenjuk in Kiew. Er zeigte sich überzeugt, dass die Ukraine die Krise mit der Hilfe der internationalen Gemeinschaft überwinden könne. Das am Freitag abgeschlossene Assoziierungsabkommen zur politischen Zusammenarbeit mit der EU sei „ein sehr gutes Zeichen, das eine unabhängige Entscheidung Ihres Landes verkörpert“.

„Situation immer noch dramatisch“

Bundesaußenminister Steinmeier kritisierte bei einem Besuch in Kiew, die Krim-Krise habe die Gefahr einer neuen Spaltung Europas heraufbeschworen. „Wir treffen uns heute hier, weil wir wissen, dass die Situation immer noch dramatisch ist“, sagte er nach einem Treffen mit Jazenjuk. Der Regierungschef bat die EU auch um Zusammenarbeit im militärtechnischen Bereich. „Wir müssen die ukrainischen Streitkräfte neu umrüsten und verstärken“, sagte er laut Übersetzung.

Steinmeier wollte anschließend nach Donezk im überwiegend russischsprachigen Osten der Ukraine weiterreisen. In der Industriestadt hatte es prorussische Demonstrationen gegeben, bei denen mindestens ein Mensch ums Leben kam. Die ukrainische Regierung und der Westen befürchten, dass Russland auch auf dieses Gebiet Anspruch erheben könnte. Präsident Wladimir Putin hat allerdings erklärt, dass er sich mit dem Anschluss der Krim zufriedengeben wolle.

Die Lage auf der Halbinsel ist weiterhin angespannt. Nach ukrainischen Angaben harren Soldaten noch in mindestens zwei Stützpunkten aus. In einem Fall sei ein „Sturm“ unbewaffneter prorussischer Kräfte auch mit Blendgranaten abgewehrt worden, berichtete der örtliche Armeesprecher Wladislaw Selesnjow bei Facebook. Den Soldaten in der anderen Basis sei ein Ultimatum gestellt worden.

Insgesamt weht die russische Fahne nach Angaben des Moskauer Verteidigungsministeriums mittlerweile über 147 ukrainischen Militäreinrichtungen. Außerdem habe die Schwarzmeerflotte 54 von insgesamt 67 ukrainischen Schiffen sowie das einzige ukrainische U-Boot in ihren Besitz gebracht. Weniger als 2000 der mehr als 18 000 ukrainischen Soldaten wollten die Krim verlassen, hieß es in Moskau.

Nach den Sanktionen der Europäischen Union gegen russische Politiker drohte Moskau mit einer „angemessenen Antwort“. Russland halte sich solch ein Recht selbstverständlich vor, sagte Außenministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch. Er forderte, zu „pragmatischer Zusammenarbeit“ zurückzukehren, die allen Ländern diene. Wegen des umstrittenen Anschlusses der Krim hatte die EU Kontensperrungen und Einreiseverbote gegen ranghohe russische Politiker verhängt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir alle wollen angesichts dessen, was mit der Ukraine derzeit geschieht, nicht tatenlos zusehen. Doch wie soll mensch von Deutschland aus helfen? Unsere Ukraine-Soli-Liste bietet Ihnen einige Ansätze fürs eigene Aktivwerden.

▶ Die Liste finden Sie unter taz.de/ukrainesoli

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.