Nach den Massakern der LRA: Keiner schützt die Kongolesen

Die Berichte über neue Massaker der ugandischen LRA-Rebellen im Kongo werfen die Frage auf, ob der vereinbarte baldige Abzug der UN-Blauhelme wirklich eine gute Idee ist.

Die UN plant den Abzug ihrer Kongo-Truppen, dabei werden sie weiter gebraucht. Bild: ap

Die Berichte über neue Massaker ugandischer Rebellen tief in der Demokratischen Republik Kongo haben eine neue Debatte über die Zukunft der UN-Mission im Kongo (Monuc) ausgelöst. "Wenn man wirklich Sicherheit herstellen will, braucht man etwas länger für den Rückzug", sagte Christian Manahl, Ostkongo-Koordinator der Monuc in Goma, gegenüber der taz. Die bestehenden Planungen, die knapp 20.000 Soldaten der Monuc bis Ende 2011 komplett abzuziehen und damit die weltgrößte UN-Blauhelmmission zu beenden, müssten möglicherweise neu diskutiert werden, ebenso der anvisierte Abzug der ersten 2.000 Soldaten bis Mitte 2010. "Das ist am Sicherheitsrat, mit der Regierung zu diskutieren, ob die erste Phase planmäßig vonstatten geht", so Manahl weiter.

Am Wochenende hatte die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch eine Reihe bislang unbekannter Massaker der ugandischen Rebellenarmee LRA (Widerstandsarmee des Herrn) in einem schwer zugänglichen Gebiet um Tapili westlich der Stadt Dungu im Nordosten Kongos enthüllt. Mindestens 321 Menschen seien getötet worden, so die von der UNO bestätigten HRW-Recherchen. Während sowohl Ugandas Armee als auch ein LRA-Sprecher Zweifel an der Täterschaft der LRA äußerten, fragen Menschenrechtler nun erneut, wieso die Monuc Kongos Bevölkerung nicht schützt und wieso sie jetzt trotz der ständigen Übergriffe von Milizen und auch Regierungssoldaten im Ostkongo einen Rückzugsplan mit Kongos Regierung vereinbart hat.

Von den 20.000 UN-Soldaten im Kongo sind knapp 10.000 in den beiden Kivu-Provinzen im Ostkongo stationiert. In der riesigen Provinz Orientale im Nordosten Kongos, wo die LRA aktiv ist, stehen viel weniger: 336 in der Provinzhauptstadt Kisangani, 1.000 in Dungu und weitere Einheiten im an Uganda angrenzenden Distrikt Ituri, wo lokale Rebellen aktiv sind. "Wir werden uns auch in Zukunft darauf beschränken müssen, die wichtigsten Bevölkerungszentren und Verkehrsverbindungen zu schützen", warnt Manahl.

Auch die UN-Unterstützung der kongolesischen Regierungsarmee FARDC stoße da an ihre Grenzen. "Wir unterstützen die FARDC mit Hubschraubern, wir transportieren Truppen und Munition, auch Lebensmittel. Wir würden gerne mehr machen", so der UN-Koordinator. Die gesamte Monuc habe nur 78 Flugzeuge und Hubschrauber. Ende 2008 seien 18 weitere Hubschrauber autorisiert worden, aber nur zwei davon seien bisher eingetroffen. Dies ist auch der Hintergrund für den Appell von Monuc-Chef Alan Doss im britischen BBC-Rundfunk gestern früh, die Mobilität der UN-Truppen in der Luft zu erhöhen.

Die LRA hat im nordostkongolesischen Distrikt Haut-Uélé seit Anfang 2008 300.000 Menschen vertrieben und über 1.800 getötet, obwohl ugandische Militärquellen ihre Stärke auf nur wenige hundert beziffern. Auch in der angrenzenden Zentralafrikanischen Republik wurden in den letzten Wochen verstärkt blutige LRA-Überfälle gemeldet. LRA-Chef Joseph Kony soll vor Kurzem aus dem Sudan in den Kongo zurückgekehrt sein.

Die UN-Blauhelme im Kongo konzentrieren ihre Arbeit auf Kivu, wo bis vor gut einem Jahr die Rebellen des Tutsi-Generals Laurent Nkunda die Regierungstruppen in Schach hielten und die ruandischen FDLR-Milizen zwar geschwächt sind, aber aktiv bleiben. Die taz erreichte gestern ein Bericht einer Frauenorganisation aus der Provinz Süd-Kivu, der eine Reihe von Massakern der FDLR an Frauen auflistet sowie Repressalien der FARDC, die mit FDLR-Milizionären verheiratete kongolesische Frauen getötet oder entführt hätten.

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