Nach den Anschlägen von Paris: Berlin trauert mit
Tausende Menschen gedenken vor der Französischen Botschaft. Bürgermeister Müller warnt vor rechtem Populismus, der Innensenator fordert Aufrüstung.
Schnell wird der Ring immer größer, auch einander Unbekannte halten sich minutenlang an den Händen. Mehrere hundert Menschen bilden am Sonntagnachmittag einen großen Kreis auf dem Pariser Platz. Die Organisatorin, eine in Berlin lebende Französin, hatte die Anwesenden dazu aufgefordert, ein Zeichen zu setzen gegen Terrorismus, gegen Angst und für eine freie Gesellschaft. Im Laufe des Tages kamen erneut Tausende Menschen vor die französische Botschaft, um ihre Anteilnahme an den Anschlägen in Paris zu zeigen. Dort wurden in der Nacht zu Samstag bei mehreren Terrorattentaten 129 Menschen getötet und über 350 verletzt.
Seit Samstag früh ist vor dem aus Sicherheitsgründen aufgestellten Zaun vor der Botschaft eine Gedenkstätte entstanden. Das ganze Wochenende lang legen Menschen hier Blumen und Texte ab und stellen Kerzen auf. Bis zu 2.000 Menschen gleichzeitig sind laut Polizei am Samstag auf dem Platz vor dem Brandenburger Tor, das in den Abendstunden in den Farben der französischen Nationalflagge angestrahlt wird.
Am Samstagnachmittag besuchten auch Berliner Politiker den Gedenkort und die Botschaft, darunter der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und der Innensenator Frank Henkel (CDU). Müller hatte zuvor schon auf dem Landesparteitag der SPD zu den Anschlägen gesprochen und dabei auch davor gewarnt, dass Rechtspopulisten die Situation für flüchtlingsfeindliche Propaganda nutzen könnten: „Die Menschen, die hierherkommen, flüchten vor genau diesen Terroristen“, sagte der Regierende und erhielt dafür viel Applaus von den anwesenden SPDlerInnen.
Der SPD-Vorsitzende Jan Stöß hatte in seiner Eröffnungsrede zum Parteitag ebenfalls den Blick nach Paris gerichtet – eine Stadt, zu der die Berliner SPD enge Beziehungen hat. Im 10. Arrondissement, in dem die Konzerthalle Bataclan liegt, wo es die meisten Todesopfer gab, haben Berliner Genossinnen bereits Wahlkampf gemacht, erinnerte sich Stöß; der Bürgermeister gehört den befreundeten Sozialisten an. „Das sind die Straßen, wo wir selbst oft zu Besuch waren“, sagte Stöß. Und trauert: „Wir sind in Gedanken bei euch in Paris. Wir denken an die Toten, an Menschen, die gestorben sind, in Situationen, in denen sie ihr Leben genießen wollten.“ Der Anschlag gelte „Europa und der offenen Demokratie“, so der Landesparteivorsitzende.
SPD-Landesvorsitzender Jan Stöß
Henkel forderte am Samstag eine Diskussion über die Ausrüstung der Polizei. Die Attentäter von Paris hätten mit schweren Kriegswaffen operiert, dem müssten die Sicherheitsbehörden „auf Augenhöhe“ begegnen können. „Der einfache Streifenpolizist ist solchen Terroristen hoffnungslos unterlegen“, so der CDU-Politiker. Angesichts solch extremer Situationen müsse man außerdem auch über Einsätze der Bundeswehr im Inneren nachdenken.
Der innenpolitische Sprecher der Piratenfraktion, Christopher Lauer, widersprach dieser Einschätzung und warf Henkel vor, Terroristen „einzuladen“, indem er den Eindruck erwecke, die Berliner Beamten seien nicht gut gerüstet. Die Äußerungen Henkels seien alarmistisch. Polizei und Verfassungsschutz hatten sich am Samstagmittag zur Lagebesprechung mit dem Innensenator getroffen. Die Bedrohungslage habe sich durch die Anschläge nicht geändert, so Henkel: Es bestehe weiterhin eine hohe abstrakte Gefahr, konkrete Anschlagspläne seien aber nicht bekannt. Gleichwohl wurde der Schutz vor französischen Einrichtungen verstärkt.
An einem Trauermarsch vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule beteiligten sich am Sonntagnachmittag rund 500 Menschen. In den kommenden Tagen sind weitere Gedenkveranstaltungen geplant.
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