Nach dem Wartungs-Rückstand: S-Bahn-Chaos führt zu neuen Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft will ihre Ermittlungen ausweiten. Der Vorwurf: Manager sollen Wartungsfristen bewusst verlängert haben.

Ein Bericht wirft Fragen nach dem Umgang der S-Bahn mit Sicherheitskontrollen auf. Bild: AP, Gero Breloer

Nicht nur das Eisenbahn-Bundesamt knöpft sich die Berliner S-Bahn vor. Auch die Berliner Staatsanwaltschaft will ihre Ermittlungen ausweiten. Der Grund sind neue Details über den nachlässigen Umgang der S-Bahn mit Sicherheitskontrollen.

Demnach soll der Leiter der Fahrzeuginstandhaltung, der direkt dem Technik-Geschäftsführer untersteht, persönlich die Genehmigung erteilt haben, Wagen erst später zu kontrollieren als vorgesehen. Das berichtet die Morgenpost unter Berufung auf interne Unterlagen. Die S-Bahn habe Wartungsfristen dabei "offenbar systematisch" überzogen und die Triebwagen zum Beispiel erst nach 1,4 Millionen statt nach 1,1 Millionen Kilometern zur Hauptuntersuchung geschickt.

Die Hinweise werden in die bereits laufenden Ermittlungen gegen ehemalige Geschäftsführer der S-Bahn einbezogen, sagte Simone Herbeth, Sprecherin der Staatsanwaltschaft, am Sonntag. Dabei sei auch zu prüfen, ob die Ausweitung der Wartungsfristen einen Verstoß darstellten oder ob die Verantwortlichen lediglich ihren Ermessensspielraum "ausgereizt" hätten. Die Bahn wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern.

Geschasst: Die Geschäftsführung der S-Bahn musste vor knapp einem Monat ihre Posten räumen. Sowohl der 38-jährige Chef Tobias Heinemann als auch der für Finanzen zuständige Thomas Prechtl, Personalchef Olaf Hagenauer und Technikchef Peter Büsing mussten gehen. Büsing war nur einen Monat im Amt - sein Vorgänger Ulrich Thon hatte die S-Bahn bereits einen Monat zuvor verlassen.

Weiterversorgt: Alle vier arbeiten weiter im Bahn-Konzern. Laut dem für Personenverkehr zuständigen Bahnvorstand Ulrich Homburg haben sie unbefristete Arbeitsverträge. So lange nicht geklärt sei, wer für was verantwortlich ist, gebe es keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Seit Anfang Juli wird gegen die vier früheren Geschäftsführer der S-Bahn wegen des Verdachts der Gefährdung des Bahnverkehrs ermittelt. Dem ehemaligen Chef Tobias Heinemann und seinen Kollegen wird vorgeworfen, "als für die Sicherheit Verantwortliche durch grob pflichtwidriges Verhalten gegen Rechtsvorschriften zur Sicherung des Schienenverkehrs verstoßen zu haben". Höchststrafe: fünf Jahre.

Die Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer (SPD), will an diesem Montag bei einem Treffen mit dem Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg der S-Bahn und der BVG eine erste Zwischenbilanz ziehen.

Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, betonte, dass die Probleme mit den Rädern seit 2003 bekannt seien. "Der Zustand der S-Bahn ist Ergebnis der Unternehmensstrategie, nach der die Investitionen und Betriebskosten zurückgefahren wurden, um Gewinne für die geplante Privatisierung zu erwirtschaften."

Die neue Geschäftsführung der S-Bahn kündigte in einem Brief an die Belegschaft an, den Personalabbau vorerst zu stoppen. Auch die für 2010 beabsichtigte Schließung der Hauptwerkstatt in Schöneweide sowie die geplante Auslagerung des Kundendienstes und der Abbau unrentabler Fahrkartenschalter würden ausgesetzt.

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