Nach dem Putschversuch in der Türkei: 10.000 weitere Beamte entlassen
Die jüngste Entlassungswelle trifft vor allem Polizisten und Akademiker. Derweil wurden 34.000 Häftlinge entlassen, um in den Knästen Platz zu machen.
Von der jüngsten Entlassungswelle war auch die Direktion für religiöse Angelegenheiten betroffen. Etwa 520 Mitarbeiter der Behörde mussten gehen.
Am Donnerstag waren zudem mehr als 543 Richter und Staatsanwälte von ihren Aufgaben entbunden worden. Darüber hinaus gab das Verteidigungsministerium die Entlassung von 820 Militärangehörigen bekannt. Die meisten von ihnen saßen bereits in Haft.
Präsident Recep Tayyip Erdogan, der den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen als Drahtzieher des Umsturzversuches betrachtet, hatte nach dem gescheiterten Putsch am 15. Juli umfangreiche „Säuberungen“ im Staatsapparat angekündigt.
Seither wurden zehntausende Mitarbeiter der Sicherheitskräfte, der Justiz und des Bildungswesens entlassen. Alleine im Justizwesen sind fast 3.400 Menschen davon betroffen, im Militär stieg die Zahl der Entlassenen inzwischen auf gut 4.450.
Justizminister Bekir Bozdag gab derweil bekannt, dass in den vergangenen Wochen 33.838 Menschen vorzeitig aus türkischen Gefängnissen entlassen worden seien. Die Regierung hatte Mitte August angekündigt, in einem ersten Schritt rund 38.000 ausgesuchte Häftlinge freizulassen, offenbar um nach der Festnahmewelle im Zusammenhang mit dem Putschversuch Platz in den Gefängnissen zu schaffen.
Die Maßnahme gilt aber nicht für all jene, die nach dem gescheiterten Umsturzversuch im Juli festgenommen wurden. Nach Regierungsangaben wurden seitdem 40.000 Menschen in Gewahrsam genommen, die Hälfte von ihnen kam inzwischen wieder auf freien Fuß.
Tote im Osten des Landes
Unterdessen sind bei Zusammenstößen im Südosten der Türkei ein Soldat und 20 kurdische Kämpfer getötet worden. Wie die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu am Freitag weiter berichtete, wurden zudem sechs Soldaten verwundet. Bei den Zusammenstößen in der Provinz Hakkari seien auch Luftangriffe geflogen worden.
Die Gewalt zwischen der verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK und türkischen Sicherheitskräften ist seit vergangenem Jahr wieder aufgeflammt. Im Juli 2015 war ein zwei Jahre dauernder Friedensprozess zusammengebrochen. Seitdem kamen mehr als 600 türkische Sicherheitskräfte und Tausende PKK-Kämpfer ums Leben. Menschenrechtsgruppen zufolge starben auch Hunderte von Zivilisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld