Nach dem Militärputsch in Gabun: Ein Küsschen für die Ehefrau
Putschistengeneral Brice Oligui Nguema hat sich zum Staatschef in Gabun vereidigen lassen. Er wolle freie Wahlen abhalten.
Kampala taz | Mit einer Militärparade vor dem Präsidentenpalast ist am Montag Gabuns neuer Staatschef in der Hauptstadt Libreville begrüßt worden. Anschließend stellte sich General Brice Oligui Nguema in roter Offiziersuniform, geschmückt mit zahlreichen Auszeichnungen, im Präsidentenpalast vor die Kameras und hob den rechten Arm: „Ich schwöre vor Gott und im Namen des Volkes, dass ich das republikanische System in voller Treue bewahren werde, dass ich die Charta des Übergangs und das Gesetz respektieren werde, dass ich den Zustand der Demokratie, die Unabhängigkeit des Vaterlandes und die Integrität des nationalen Territoriums respektieren werde.“
Etwas schüchtern, noch nicht ganz selbstsicher, stellte der 48-jährige General anschließend dem Volk seine Frau vor, küsste sie etwas linkisch, umarmte seine Eltern. Oliguis Familie ist über ein paar Ecken mit dem Clan des abgesetzten Präsidenten Ali Bongo verwandt. Dann stellen sich alle Generäle und jetzigen Mitglieder des Übergangsrates um ihm herum zum Gruppenfoto zusammen.
„Als historischen Wendepunkt“ bezeichnen die Kommentatoren des Staatsfernsehens in Gabun die Amtseinführungsveranstaltung. Das sei ein Moment, an welchen sich die zukünftigen Generationen Gabuns noch oft erinnern werden, heißt es im Kommentar.
Als Vorsitzender des Übergangsrates, der das Land nun nach dem Sturz von Präsident Ali Bongo und der Auflösung der Verfassung und aller anderen Institutionen regieren soll, hat Oligui bereits am Freitag vergangene Woche angekündigt, dass er demokratische, freie und faire Wahlen abhalten, eine demokratische Verfassung ausarbeiten sowie die Würde des Volkes wieder herstellen wolle. Einen Zeitrahmen dafür nannte er nicht. Doch er versicherte, er werde nicht die „gleichen Fehler wiederholen“, indem dieselben Leute viel zu lange an der Macht blieben.
Macht ohne Blutvergießen übernommen
Dafür wird er landesweit vor allem von den Jugendlichen bejubelt. Das ölreiche Land, dessen rund 2,3 Millionen Einwohner in absoluter Armut leben, wurde über 50 Jahre lang von der Familie Bongo regiert. Der 64-jährige, vergangene Woche abgesetzte Präsident Ali Bongo hatte das Präsidentenamt 2009 von seinem Vater Omar Bongo übernommen, der seit 1967 regiert hatte. Zahlreiche Minister der ehemaligen Bongo-Regierung waren zur Inauguration von Oligui in den Präsidentenpalast gekommen, wurden aber von Anhängern der Putschisten ausgebuht.
Im Anschluss an Oliguis Rede gab es Applaus und Standing Ovations. Oligui betonte, das Militär habe die Macht ohne Blutvergießen übernommen und versprach: „Mit der neuen Regierung, die aus erfahrenen Leuten besteht, werden wir allen eine Chance geben zu hoffen.“
Als bisheriger Kommandant der Präsidentengarde wird Oligui selbst als Produkt der Bongo-Autokratie betrachtet. Bereits unter Vater Omar Bongo hatte er als einer seiner engsten Leibwächter fungiert, war dann aber von Sohn Ali Bongo als Botschafter im Ausland jahrelang kaltgestellt worden, bis der ihn 2019 als Geheimdienstchef der Präsidialgarde zurückholte. 2020 stieg er zum Kommandanten der Präsidialgarde auf.
Neben Lob melden sich zur Amtseinführung auch Stimmen, die fürchten, dass das Land nun wie viele andere westafrikanische Länder in eine Militärdiktatur abdriftet. Die EU äußerte sich hingegen weniger kritisch: „Natürlich sind Militärputsche nicht die Lösung“, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell, „aber wir dürfen nicht vergessen, dass es in Gabun Wahlen voller Unregelmäßigkeiten gegeben hat.“