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Nach dem Krieg von Israel und HisbollahSpäte Trauerfeier für Hassan Nasrallah

In Beirut wird der von Israel getötete Ex-Hisbollah-Chef bestattet. Unten schwenken die Menschen Hisbollah-Fahnen, oben am Himmel donnern israelische Kampfjets.

Sie feiern noch einmal den getöteten Nasrallah: Auflauf von Menschen in Südbeirut Foto: Bilal Hussein/ap

Beiruttaz | Zehntausende stehen in Schwarz gekleidet im größten Sportstadion des Libanon in Südbeirut. Sie werfen schwarze Tücher und gelbe Schals auf den Wagen, der mit einem Sarg durch die Menge fährt. Helfer fangen die Textilien, reiben sie am gelben Tuch – die Farbe der Hisbollah – das den Sarg umschließt, und werfen sie zurück in die Menge. Ein Sprecher ruft „Tod Israel“ und „Tod Amerika“ ins Mikro, die Menschen wiederholen es. „Wir sind alle der Widerstand“ rufen die Anwesenden. Viele tragen Hisbollah-Flaggen und Bilder Nasrallahs.

Der Mann, der hier betrauert wird, ist Ex-Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah, am 27. September 2024 von Israel getötet, als er sich mit Kommandeuren in einem Bunker in Südbeirut traf. Bisher war er provisorisch neben seinem Sohn beigesetzt, der schon 1997 im Kampf für die Hisbollah starb. Nun soll er später am Sonntag in Beirut erneut beigesetzt werden.

Die Trauerfeier ist ein Groß­event. Straßen rund um das Stadion in Südbeirut sind gesperrt. Auf der Straße zum Flughafen, die an dem Stadion vorbeiführt, hängen Poster mit Nasrallah-Fotos. In einem schiitischen Viertel Beiruts ist das Konterfei von Nasrallah an Hauswände gesprayt. Israelische Drohnen fliegen über der Stadt. Und während der Sarg durch das Stadion gefahren wird, donnern fünf Kampfjets in niedriger Höhe über die Szenerie.

Ein Sprecher ruft Tod Israel und „Tod Amerika“ ins Mikro. Die Menge wiederholt es

„Eure Raketen haben uns nicht erschreckt, auch nicht der Lärm eurer Flugzeuge“, ruft der Sprecher in das Mikrofon. Zehntausende sind zur Veranstaltung gekommen. Vor dem Stadion verfolgen Menschen das Geschehen auf Leinwänden. Zum Auftakt wird eine Rede von Irans Religionsführer Ali Chamenei und ein Gebet verlesen. Gemeinsam mit Nasrallah wird Haschem Safieddin beerdigt. Er war als Nachfolger Nasrallahs gehandelt worden und wurde am 3. Oktober von Israels Armee getötet.

Qassem: Israelische Truppen im Süden seien „Besatzung“

Die Zeremonie soll auch Stärke nach dem Krieg demonstrieren. Der Widerstand sei eine Idee und eine Überzeugung und werde daher weiterleben, sagte der neue Hisbollah Generalsekretär Naim Qassem in einer Rede, die auf einen großen Bildschirm im Stadion projiziert wurde. Während der Rede krachte es erneut im Himmel, israelische Kampfflugzeuge flogen über Beirut. Qassem erklärte, die Hisbollah habe dem Waffenstillstand zugestimmt, und ihren Teil der Vereinbarung eingehalten. Man habe „kein Interesse“, dass „die Unverhältnismäßigkeit und der Schaden“ weitergingen, „ohne politischen Fortschritt“.

In dem nun durch den Waffenstillstand vorerst beendeten Krieg mit Israel wurden seit dem 8. Oktober 2023 rund 4.000 Menschen im Libanon getötet. Die Weltbank schätzt, dass der Wiederaufbau im Libanon 14 Milliarden Dollar kosten werde. Israel habe außerdem den Waffenstillstand seit dem 27. November – als das Abkommen in Kraft trat – über 400-mal verletzt, zählt die libanesische Regierung. Entgegen des Abkommens ist die israelische Armee bisher nicht ganz aus dem Südlibanon abgezogen, sondern weiter an fünf Posten stationiert. Qassem nannte dies „Besatzung und Aggression“.

Er deutete an, dass die Hisbollah nicht allein den Wiederaufbau leisten werde – und sie auf den Staat angewiesen sei: „Wir fordern alle auf, diesen Staat aufzubauen.“ Er begrüßte Wirtschaftsreformen, die das Land aus der Pleite ziehen sollen. Außerdem bekräftigte er, dass die Hisbollah an die Rolle der libanesischen Armee und die Souveränität des Staates glaube. Das habe sie mit der Waffenstillstandsvereinbarung bekundet. Die Schiiten-Miliz ist aber bekannt dafür, den Staat durch politische Morde und Drohgebärden zu unterwandern.

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1 Kommentar

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  • " ... Er deutete an, dass die Hisbollah nicht allein den Wiederaufbau leisten werde – und sie auf den Staat angewiesen sei: „Wir fordern alle auf, diesen Staat aufzubauen.“ ..." Sagt der, der den Staat zugunsten einer Terrororganisation umgebaut und alle für den Staat im Staat ausgesaugt hat.



    In der idealen Welt hätten UN Truppen das Stadion abgeriegelt und alle Terroristen und Verbrecher unter den Besuchern verhaftet.