Nach dem Ende der Devisenkontrollen: Kein Run auf den Dollar in Argentinien
Am ersten Handelstag nach Lockerung der strengen Devisenkontrollen bleibt es erstaunlich ruhig. Barauszahlungen sind weiter nur begrenzt möglich.

Tatsächlich verlief der erste Tag erstaunlich ruhig. Der Dollarkurs war nicht in die Höhe geschnellt. An der Börse von Buenos Aires war der Merval-Aktienindex um fünf Prozent gestiegen, und die Kurse der argentinischen Staatsanleihen hatten um rund zehn Prozent an Wert zugelegt. Am vergangenen Freitag hatte Präsident Milei die Lockerung der seit sechs Jahren bestehenden Devisenkontrollen angekündigt. Privatpersonen können nun unbegrenzt Pesos in Dollar umtauschen, statt der bisher erlaubten 200 Dollar pro Monat. Auch Unternehmen dürfen ab dem Geschäftsjahr 2025 Pesos für die Gewinnausschüttung an ausländische Anteilseigner in Dollar umtauschen. Im Gegenzug hatte der Internationale Währungsfonds (IWF) grünes Licht für ein neues Kreditabkommen über 20 Milliarden Dollar gegeben. 12 Milliarden sollen zur freien Verfügung bereits am Dienstag überwiesen werden.
Dies soll die Zentralbank stärken, die den Peso notfalls durch Dollarverkäufe unter der 1.400er-Marke halten soll. Weit davon entfernt, die 1.400-Peso-Marke zu erreichen, stabilisierte sich der Wechselkurs bis zum Handelsschluss bei 1.230 Peso pro Dollar. Wie erwartet, verringerte sich der Abstand zwischen dem offiziellen und dem inoffiziellen Wechselkurs. Der offizielle Wechselkurs stieg um 122,50 Pesos von 1.097,50 Pesos pro Dollar auf die erwähnten 1.230 Pesos, während der informelle Wechselkurs von 1.375 Pesos auf 1.285 Pesos pro Dollar fiel.
Die Ruhe hatte auch ganz praktische Gründe. Am Bankschalter ist nur der Kauf von 100 Dollar im Monat erlaubt. Jeder weitere Kauf muss digital über Bankkonten abgewickelt werden. Da viele Banken von den Lockerungen überrascht wurden und eine entsprechende Software nicht installiert hatten, war es vielfach gar nicht möglich, Dollar über Homebanking zu kaufen.
Visite des US-Finanzministers
Die Jubelszenen im Wirtschaftsministerium spielten sich kurz nach der Visite von US-Finanzminister Scott Bessent ab. Obwohl der Besuch Spekulationen über eine milliardenschwere Kreditlinie der US-Regierung ausgelöst hatte, hatten Milei und Bessent bei ihrem gemeinsamen Auftritt außer gegenseitigem Lob und Dank nichts Konkretes zu verkünden.
Was bei ihrem Gespräch hinter verschlossenen Türen verhandelt wurde, ist nicht bekannt. Einen Hinweis gab Bessent selbst: Der Währungsswap zwischen Argentinien und China. Dabei geht es um 18 Milliarden Dollar in Yuan, von denen Argentinien fünf Milliarden Dollar in Anspruch genommen hat und deren Laufzeit vor wenigen Tagen auf Betreiben Chinas um ein Jahr verlängert wurde, erklärte Bessent in einem Interview mit der Agentur Bloomberg in Buenos Aires. „Wir versuchen zu vermeiden, was auf dem afrikanischen Kontinent passiert ist, wo China eine Reihe von räuberischen Geschäften abgeschlossen hat, die als Hilfe dargestellt werden, wo sie sich Bergbaurechte angeeignet haben und die Bilanzen dieser Länder mit riesigen Schulden belastet haben“, so der US-Finanzminister.
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