Nach Wirecard-Skandal: Reförmchen für die Finanzaufsicht
Mit sieben Punkten will Olaf Scholz die Bafin schlagkräftiger machen. Kritiker*innen gehen seine Pläne nicht weit genug.
Der Finanzaufsicht waren die kriminellen Machenschaften des Zahlungsdienstleisters über Jahre nicht aufgefallen. Dem Wirecard-Management wird vorgeworfen, Bilanzen manipuliert und Gewinne vorgetäuscht zu haben. Nach Hinweisen darauf in der Financial Times hatte die Bafin den Autor der Berichte angezeigt. Gleichzeitig hatte die Behörde zeitweise den Handel mit Wirecard-Aktien ausgesetzt, was die Finanzmärkte als Vertrauensbeweis gewertet hatten. Der – auch Kleinanleger:innen – entstandene Schaden geht in die Milliarden. Am vergangenen Freitag hatte Scholz den Bafin-Chef Felix Hufeld und seine Stellvertreterin Elisabeth Roegele abberufen.
Die neue Bafin-Spitze will Scholz „zügig vorstellen“. „Wir suchen weltweit nach der besten Führung für die Bafin“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Dienstag. Durch die Personalentscheidung solle die Bafin den Aufbruch bekommen, den sie brauche. Ein Punkt seines Maßnahmenkatalogs ist die Stärkung des oder der PräsidentIn der Bafin. Die Behördenspitze bekommt mehr Verantwortung bei der zentralen Steuerung der Bafin und koordiniert die neuen Einheiten Fokus-Aufsicht und Taskforce.
Kritiker fordern Kulturwandel
Mit der Fokus-Aufsicht soll die Bafin in die Lage versetzt werden, auf rasante Entwicklungen auf den Finanzmärkten zu reagieren. Die vorgesehene Taskforce soll Ad-hoc- und Sonderprüfungen in Eigenregie und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft durchführen. Außerdem soll die Behörde eine sogenannte Data-Intelligence-Einheit, mehr Personal und stärkere Zugriffsrechte erhalten, um Bilanzen besser kontrollieren zu können.
Mit diesen Zugriffsrechten soll die Bafin auch in die Lage versetzt werden, auf hoheitlicher Basis forensische Prüfungen vorzunehmen. Künftig sollen Informationen von Whistleblower:innen systematisch ausgewertet und der Austausch mit Verbraucher:innen und Anlegerschützer:innen soll intensiv gesucht werden.
„Mehr Biss kann Olaf Scholz der Aufsicht nicht einfach per Reform verordnen“, kritisierte Bafin-Expertin Britta Langenberg von der Organisation Finanzwende. „Dazu braucht es einen Kulturwandel, eine Art Umparken im Kopf.“ Scholz klammere viele Themen völlig aus, etwa Offenlegungspflichten der Aufsicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
FDP-Krise nach „Dday“-Papier
Ex-Justizminister Buschmann wird neuer FDP-Generalsekretär