Nach Rekordverlust im dritten Quartal: Deutsche Bank streicht 9.000 Stellen
Das Finanzunternehmen will sparen. Mehr als 200 Filialen in Deutschland sollen schließen. Aus manchen Ländern zieht sich die Bank komplett zurück.
Am Mittwoch gab der neue Co-Vorstandschef John Cryan bekannt, dass die Bank 9.000 von rund 100.000 Arbeitsplätzen abbauen wird, in Deutschland 4.000. Außerdem trennt man sich vor allem im IT-Bereich von 6.000 Externen.
Das Flaggschiff des deutschen Kapitals befindet sich in schwerer See. Vielen Aktionären ist die Bank nicht rentabel genug. Das liegt an ineffektiven Abläufen, aber vor allem an hohen Kosten für Gesetzesverstöße wie etwa die Zinsmanipulationen. Strafen und Rechtskosten belasteten die Bank seit 2012 mit 12 Milliarden Euro.
Erst am Montag wurde bekannt, dass US-Behörden wegen des Verstoßes gegen Russland-Sanktionen ermitteln. Aufgrund von Rückstellungen für weitere Strafen verbucht die Bank im 3. Quartal 2015 ein Rekordminus von 6 Milliarden Euro. „Wenn nicht ein Wunder passiert, werden wir einen Verlust für 2015 ausweisen“, sagte Cryan. Erstmals seit den 50er Jahren schüttet der DAX-Konzern deshalb 2015 und 2016 keine Dividende aus.
Rückzug aus zehn Ländern
Cryans Plan: Stellen abbauen, Einheiten abschmelzen, Märkte verlassen. Bis 2018 will er die Kosten um 4 Milliarden Euro senken. Die Bank baut in Deutschland 200 von 700 Filialen ab, vor allem in Großstädten. Aus zehn Staaten wird sich das Unternehmen zurückziehen, etwa aus Argentinien, Neuseeland und Norwegen. Kosten senken soll auch eine effektivere IT.
Beim Investmentbanking trennt sich der Konzern nur von einem kleinen Teil hochriskanter Geschäfte. Gerade diese Sparte hat die Bank in Verruf gebracht, weil Mitarbeiter auf der Jagd nach dem schnellen Geld systematisch gegen Gesetze verstoßen hatten. „Das Investmentbanking ist eine Stärke der Deutschen Bank“, sagte Cryan. Es verbinde die deutsche Wirtschaft mit dem internationalen Kapitalmarkt.
Frank Bsirske, der Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, bezeichnete die Änderungen als „notwendigen und richtigen Schritt“. Er erwarte, dass es während des Umbaus keine betriebsbedingten Kündigungen gebe. Bsirske ist Mitglied des Aufsichtsrats der Deutschen Bank. Ob er für den Stellenabbau gestimmt hat, konnte ein Verdi-Sprecher nicht sagen.
Der Analyst Dieter Hein vom Institut Fairesearch dagegen hält Cryans Strategie für falsch. „Sie verschärft die Krise“, sagte er der taz. Alle anderen europäischen Banken hätten ihren Investmentbereich stark abgebaut. Doch bei der Deutschen Bank bekomme das Investmentbanking durch den Abbau des Privatkundengeschäfts künftig noch mehr Gewicht – obwohl es nicht profitabel ist und hohe Risiken enthält. „Das macht betriebswirtschaftlich keinen Sinn“, sagte er.
Eine kluge Strategie sei dagegen, das profitable Deutschlandgeschäft auszubauen. Doch gerade das geschehe nicht. Der Grund: „Die Investmentbanker haben schon vor Jahren die Schlüsselpositionen bei der Deutschen Bank übernommen“, sagte er. Das werde sich erst ändern, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner, ebenfalls Investmentbanker, seinen Posten räume. Dann könne „ein unbelastetes Management neu beginnen“, sagte er.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!