Nach Parlamentswahl in Italien: Renzi tritt zurück
Die historische Wahlschlappe der Sozialdemokraten in Italien geht vor allem auf das Konto von Parteichef Matteo Renzi. Er zieht die Konsequenz und geht.
Die Regierungspartei PD war bei der Wahl am Sonntag auf nur rund 19 Prozent gekommen. Die Partei, der auch Ministerpräsident Paolo Gentiloni angehört, verlor auch wichtige Direktmandate in Hochburgen wie der Toskana oder in Umbrien. Bei der Wahl 2013 lag die PD noch bei 25,4 Prozent.
Die PD könnte rein theoretisch ein Bündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung schließen, die bei der Wahl stark zugelegt, aber auch keine Mehrheit bekommen hat. Nach der Äußerung Renzis steht das nun aber wieder in Frage. Koalitionsverhandlungen können allerdings erst nach dem 23. März beginnen, wenn das neue Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommt.
Der 43-jährige Renzi galt einst als Hoffnungsträger, der Italien wieder aus der Krise führen könnte. Anfang 2014 hatte er das Amt des Ministerpräsidenten übernommen, nachdem er seinen Parteikollegen und Vorgänger Enrico Letta aus dem Amt gedrängt hatte.
Fehler unter seiner Führung
Renzis Popularität begann zu schwinden, als er das Verfassungsreferendum im Dezember 2016 zur Abstimmung über seine eigene politische Zukunft erklärte. Nach dem Scheitern des Referendums musste er als Regierungschef zurücktreten.
Im Mai vergangenen Jahres hatte er den Vorsitz der Partei zurückerobert. Vor allem dem linken Flügel seiner Partei passte Renzis Modernisierungskurs nicht. Ehemalige Parteikollegen wie der bisherige Senatspräsident Pietro Grasso traten bei der Wahl getrennt von der PD mit der eigenen Linkspartei Liberi e Uguali an.
Die Partei habe unter seiner Führung Fehler gemacht, sagte Renzi. Einer davon sei gewesen, nicht schon 2017 Wahlen durchgesetzt zu haben.
Die Schlappe für die PD ist ein weiteres Beispiel für kriselnde sozialdemokratische Parteien in Europa. Bevor die SPD bei der Bundestagswahl im vergangenen September auf ein Rekordtief von nur noch 20,5 Prozent absackte, mussten 2017 schon die niederländische Arbeiterpartei und die Sozialisten in Frankreich bei Parlamentswahlen dramatische Stimmenverlust hinnehmen. Andererseits konnte im selben Jahr in Großbritannien die Labour-Partei Zugewinne verbuchen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung