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Nach Nordkoreas AtomtestSüdkorea reagiert mit Raketenübung

Die USA drohen mit einer massiven militärischen Antwort. Der UN-Sicherheitsrat ruft eine Sondersitzung ein. Russland mahnt zur Besonnenheit.

Südkorea simuliert einen Angriff auf das nordkoreanische Atomtestgelände Foto: dpa

Seoul/Tokio dpa | Südkoreas Militär hat als Reaktion auf den verbotenen Atomwaffentest durch Nordkorea Stärke demonstriert. Bei einer Übung mit Raketen unterschiedlicher Reichweite sei vom Boden und mit Kampfjets ein Angriff auf das nordkoreanische Atomtestgelände im Nordosten des Nachbarlandes simuliert worden, teilte der Generalstab am Montag mit. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump der Führung in Pjöngjang damit gedroht, die USA und deren Verbündete notfalls auch mit Atomwaffen verteidigen zu wollen.

Südkorea will außerdem gemeinsam mit den USA und Japan auf weitere Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Nordkorea hinwirken, um damit „maximalen Druck“ auf Nordkorea auszuüben. Das höchste UN-Gremium wollte sich am Montagvormittag in New York zum zweiten Mal binnen einer Woche in einer Dringlichkeitssitzung mit Nordkorea beschäftigen. Im August hatte der Sicherheitsrat die bislang schärfsten Strafmaßnahmen gegen Nordkorea verhängt. Ob die Sanktionsschraube jetzt noch fester angezogen wird, ist unklar. Aus Sicht der USA könnten beispielsweise Ölexporte nach Nordkorea eingeschränkt und die Zahl der im Ausland arbeitenden Nordkoreaner eingeschränkt werden.

Nordkorea hatte eigenen Angaben zufolge am Sonntag eine Wasserstoffbombe getestet, mit der Interkontinentalraketen (ICBM) des Landes bestückt werden sollen. Wasserstoffbomben sind ein Vielfaches stärker als herkömmliche atomare Sprengsätze. Der sechste und bisher stärkste Atomversuch Nordkoreas seit 2006 löste weltweit scharfe Kritik aus. Nach chinesischen Angaben verursachte der Test ein Beben der Stärke 6,3.

Der Atomtest überschattet auch das Treffen der Staats- und Regierungschefs der Brics-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, das am Montag in der südostchinesischen Hafenstadt Xiamen begonnen hat. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping und der russischen Präsident Wladimir Putin hatten am Vorabend dazu aufgerufen, „angemessen“ mit der Herausforderung durch die Führung in Pjöngjang umzugehen.

Putin rief die internationale Gemeinschaft zu Besonnenheit auf. Eine umfassende Lösung könne nur mit politischen und diplomatischen Mitteln gefunden werden, sagte Putins Sprecher Dmitri Peskow der Agentur Tass zufolge. Gemeinsam mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping habe Putin betont, dass ein Chaos auf der koreanischen Halbinsel unbedingt zu vermeiden sei.

Weitere Sanktionen geplant

US-Präsident Trump hatte Nordkorea gedroht, dass die USA „mit der vollen Bandbreite der zur Verfügung stehenden diplomatischen, konventionellen und nuklearen Kapazitäten“ das eigene Land und die Verbündeten verteidigen würden. Verteidigungsminister James Mattis fügte hinzu, dass die Trump-Regierung nicht die „totale Vernichtung“ irgendeines Landes anstrebe, namentlich Nordkorea. Aber die USA hätten „viele Optionen, dies zu tun“.

Südkoreas Präsident Moon Jae In und der japanische Regierungschef Shinzo Abe hätten sich in einem Telefongespräch am Montag darauf verständigt, sich für einen weiteren Sanktionsbeschluss des UN-Sicherheitsrats einzusetzen, teilte das Präsidialamt in Seoul mit.

Auch Japans Außenminister Taro Kono und sein US-Amtskollege Rex Tillerson äußerten bei einem Telefongespräch ihre Unterstützung für eine neue UN-Resolution, wie japanische Medien berichteten.

Der Konflikt mit Nordkorea heizt sich seit Monaten auf. Nach zwei ICBM-Tests im Juli hatte Nordkorea am Dienstag auch eine Mittelstreckenrakete abgefeuert. Die Rakete flog dabei über den Norden Japans in den Pazifik. Seither wird bereits über neue Sanktionen diskutiert. Pjöngjang erklärte, der Raketentest sei eine Reaktion auf amerikanisch-südkoreanische Militärmanöver gewesen. Nordkorea wirft den USA regelmäßig vor, einen Angriff vorzubereiten, was diese und Südkorea bestreiten.

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2 Kommentare

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  • Die Rollen scheinen klar verteilt zu sein. Wenn sich jemand mal die Mühe macht, die Fakten zu studieren, sieht das allerdings anders aus.

    Südkorea und die USA üben einen Angriff auf Nordkorea. Die USA spekulieren laut darüber nach, wann und wie sie angreifen sollen. Nordkorea dagegen testet Waffen. Die Raketen Nordkoreas sind knapp unterhalb der Schwelle von Interkontinentalraketen und verletzen daher die UN-Resolutionen nicht.

    Einen rücksichtslosen Diktator möchte ich nicht verteidigen. Aber mit Fake-News Kriegshetze zu betreiben ist sicher auch nicht richtig. Real betrachtet hat Nordkorea keine Chance. Jeder Angriff auf Japan, Südkorea oder die USA wird in einem vernichtenden Krieg enden. Lediglich wenn das Bedrohungsszenario durch die USA so groß wird, dass es für Kim Jong Un erträglicher erscheint mit dem eigenen Untergang noch möglichst viele mitzureißen wird daraus eine reale Bedrohung.

    Die USA dagegen haben ein Interesse ihre Machtposition gegenüber China und Russland zu verstärken. Daher kommt ihnen die Eskalation nicht ungelegen. Umgekehrt haben China und Russland ein Interesse daran, dass Nordkorea überlebt.

    Dieses reale Szenario ist viel differenzierter als das was hier meistens kolpotiert wird: "Hilfe ein Verrückter versucht die Welt zu zerstören, stoppt ihn so lange es noch geht. Alle Mittel müssen dazu erlaubt sein."

    • @Velofisch:

      Sehr gute Stellungsnahme, ich persönlich stimme all ihren Argumenten zu.

       

      Ich würde jedoch sogar noch einen Schritt weiter gehen. Die USA betreiben nicht nur seit Jahren eine Kriegsrhetorik und -politik, die den ach so wahnsinnigen Statements von Kim Jong-Un um nichts nachhinken, bedenkt man, dass beide ihre Angriffe ledeglich aufgrund ideologischer Differenzen starten. Nein, sie sind sogar noch schlimmer, denn im Gegensatz zu Kim hat vor allem ihre Nahostpolitik bereits reale Kriege gestartet bzw. ermöglicht, wohingegen Nordkorea nur droht. Insofern erscheint der "kleine Dicke", wie er so oft in Foren diverser Art beschrieben wird, fast etwas harmloser als der übermächtige Führer der freien Welt.

       

      Wo wir schon beim Stichwort übermächtig sind: die USA besitzen seit Jahrezehnten Atomwaffen, derer Erwähnung sie nicht müde werden. Auch Drohungen mit dem Nukleararsenal sind nichts neues, und Waffentests hatten sie mehr als Kim Lebensjahre unter dem Gürtel. Wenn jetzt ein Land seit Jahren antagonisiert wurde, so finde ich es nur verständlich, dass es dann beginnt, sich um eine nukleare Lebensversicherung Marke MAD zu sorgen.

       

      Und um bei meinem Lieblinsthema, dem vielfach kolportierten Wahn des nordkoreanischen Diktators zu bleiben: es war Kim Jong-Un, der mit dem Verzicht des Raketentests (erneut, Test, nicht Angriff) vor Guam die letzte Spannungsspitze entschärft hat, nicht everyone's favourite Blondie aus den US of A.

       

      All dies sollte nicht heißen, dass die nordkoreanische Regierungsspitze nicht mindestens genau so provoziert, wie es Trump tut. Im Gegenteil, der Raketentest über Japan zum Beispiel war aggressiv und provokativ wie sonst kaum was. Auch die Menschenrechtsverletzungen sind zu verachten und suchen ihresgleichen (wobei sie diese des Öfteren finden).

       

      Alles in allem würde ich mich also über eine nüchternere Berichterstattung und öffentliche Meinung freuen, in der nicht jeder Raketentest behandelt wird wie Hiroshima 2.0 und Kim nur "wahnsinnig" ist.