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Nach Maduro-Wahlsieg in VenezuelaProteste gegen Wahlergebnis

Die Opposition verlangt eine Neuzählung der Stimmen. Die USA unterstützt sie Nicolás Maduro wehrt sich: Die Rechte wolle die Revolution töten. Das Land ist tief gespalten.

Montagnacht in Caracas: Protestierende Caprile-Anhänger treffen auf geballte Polizeigewalt. Bild: reuters

CARACAS dpa | Allen Protesten der Opposition zum Trotz hat die Wahlbehörde Venezuelas den Sozialisten Nicolás Maduro noch am Tag nach der Präsidentenwahl offiziell zum Sieger erklärt. Die Präsidentin des Nationalen Wahlrats (CNE), Tibisay Lucena, überreichte dem 50-Jährigen am Montag die Urkunde, die ihn zum „Gewählten Präsidenten“ kürt.

Schon am Freitag soll Maduro als Nachfolger des Anfang März verstorbenen Hugo Chávez für eine sechsjährige Amtszeit vereidigt werden. Der am Sonntag unterlegene Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski verlangte eine Neuauszählung der Stimmen. Er fand dafür die Unterstützung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und der USA.

Maduro hatte bei der Wahl am Sonntag nur rund 235.000 Stimmen oder 1,68 Prozentpunkte mehr erhalten als sein bürgerlicher Herausforderer. Dabei hatte er in Umfragen noch zweistellig in Front gelegen. Chávez hatte den Venezolanern den früheren Gewerkschafter Maduro als seinen Nachfolger empfohlen, bevor er sich zur letzten Krebsbehandlung nach Kuba begab.

Am Montag machte die Opposition mit lautstarken Protesten ihrem Unmut Luft. Maduro attackierte sie. „Mehrheit ist Mehrheit, und die Demokratie muss respektiert werden … Wer die Mehrheit in einer Demokratie schwächen will, der ruft nach einem Staatsstreich“, sagte er. „Ich warne das ganze Volk: Die Rechte will die Revolution und das, was wir erreicht haben, töten“, fügte Maduro hinzu.

Auch USA wollen Nachzählung

Capriles bezeichnete Maduros Ernennung zum gewählten Präsidenten als „illegitim“ und rief seine Anhänger zu friedlichen Protesten auf. Nach einem Bericht des Nachrichtenportals Noticias24 setzten die Sicherheitskräfte offenbar Tränengas ein, um eine Protestveranstaltung aufzulösen.

Der Gouverneur des Bundesstaates Miranda reklamiert den Wahlsieg für sich. Er verwies auf mehr als 3.000 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten beim Wahlablauf und forderte eine detaillierte manuelle Nachzählung aller Stimmen. Unterstützung fand er dafür bei den USA und der OAS.

US-Regierungssprecher Jay Carney sagte vor Journalisten im Weißen Haus, die Nachzählung wäre ein kluger und notwendiger Schritt. Voreilige Schritte ließen sich nicht vereinbaren mit den Erwartungen des Volkes nach einem klaren und demokratischen Ergebnis. Spaniens Außenminister José Manuel García-Margallo erklärte, die Abstimmung habe bestätigt, dass es in Venezuela eine „sehr starke Polarisierung gebe“. Der „Situation der Vorläufigkeit“ müsse ein Ende gesetzt werden, fügte er an.

OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza rief angesichts der im Wahlprozess „sichtbar gewordenen tiefen Spaltung und politischen Polarisierung“ zum nationalen Dialog auf. Die venezolanische Regierung wertete diese Äußerungen als Einmischung in innere Angelegenheiten.

Update, 16.04.2013, 20.10 Uhr: Nach Angaben von Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz starben bei den Protesten gegen das Wahlergebnis vom Sonntag sieben Menschen, 61 erlitten Verletzungen. Insgesamt seien 135 Personen wegen Anstachelung zum Hass, öffentlichen Aufruhr und Widerstands gegen die Gesetze festgenommen worden, sagte sie am Dienstag in Caracas.

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13 Kommentare

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  • R
    Ralph

    Nebenbei bemerkt, weil das immer wieder (und immer noch) durch die Presse geistert: Maduro hat nie behauptet, Chávez sei ihm als Vogel erschienen. Wer des Spanischen mächtig ist und den entprechenden Redeausschnitt kennt, der weiß, dass Maduro lediglich erzählte, er habe in Chávez' Geburtshaus dessen Verwandte getroffen und dabei dessen Geist gespürt. Quasi nebenbei, ohne Bezug hierzu, erzählte er die Geschichte von dem Vögelchen - dieses habe ihm zugezwitschert, er habe ihm geantwortet. Der vermeintliche Zusammenhang ist von der rechten Presse konstruiert worden. Und zu den Wahlen: Capriles geht es doch gar nicht um eine Neuauszählung - für diese hätte es legale Mittel gegeben, da wäre es nicht nötig gewesen, zu Gewalt und Terror zu greifen. Wenn es nach Capriles und seinen Gebietern in Washington geht, würde solange nachgezählt werden, bis das Ergebnis dann irgendwann stimmt ...

  • BG
    Bernd Goldammer

    Der Wahlverlauf erscheint mir glaubwürdiger als der in den USA. Selbst Capriles schien total überrascht zu sein, dass er wesentlich mehr Stimmen bekommen hatte. Das er jetzt versucht die Wahl anzufechten ist für Leute seines Schlages völlig normal. Das Land und die Menschen sind ihm egal. Seine ausländischen Mitstreiter wollen die Destabilisierung. Damit sie die Öl-Rosinen aus dem Venezuelanischen Kuchen picken können.

  • M
    mila

    Was zum Teufel hat die USA mit den Wahlen zu tun? Unglaublich, dass sie sich überall einmischen müssen.

     

    Ich hoffe für die Venezuelaner sehr, dass sie auf friedlichem Weg eine Einigung finden und sich nicht von Außen beeinflussen lassen.

  • AH
    Ann Heather

    Unglaublich wie auch die taz hier zur rechten Propaganda beiträgt. "Allen Protesten der Opposition zum Trotz hat die Wahlbehörde Venezuelas den Sozialisten Nicolás Maduro noch am Tag nach der Präsidentenwahl offiziell zum Sieger erklärt." Ja, warum denn nicht? Er hat gewonnen und die Wahlen waren sauber und transparent. Da hat doch die taz glatt vergessen zu erwähnen: Beobachter-Missionen der UNASUR, Celac, ALBA, der Wahlbehördenvereinigung Lateinamerikas haben das bestätigt... auch ist es falsch die OAS habe die Forderung der USA unterstützt, es war der Vorsitzende der OAS Insulza, der eigenmächtig gehandelt hat (und auch schon lange als Venezuelahasser bekannt ist). Aber die OAS ist ohnehin ein aussterbender Dinosauerier seit alle lateinaerikanischen Staaten die Unasur (ohne USA und Kanada) gegründet haben.

    So ein Zufall... da hat doch die taz vergessen zu erwähnen: Alle lateinamerikanischen Staaten außer der Diktatur in Paraguay haben den Wahlsieg von maduro anerkannt. So auch die meisten Staaten der Welt.

    Und noch ein Zufall - sicher ein Irrtum - da hat doch die taz glatt vergessen zu erwähnen, dass die 7 Toten allesamt Chavez-AnhängerInnen sind, die von Oppositionellen erschossen, totgeschlagen oder lebendig verbrannt wurden...

  • I
    Immi23

    was ist denn mit dir los, anna? dein beitrag hat mich wirklich traurig gemacht! ich glaube, du bist tatsächlich vollkommen desinformiert... warum hast du denn bisher überhaupt die taz gelesen? scheint wohl nicht viel hängen geblieben zu sein... immer diese pseudo linken... kein wunder, dass du maduro magst.. wo ist denn das problem mit der neuauszählung?! wenn alles korrekt gelaufen ist, braucht sich doch niemand deshalb anstellen... aber nur mal zur info: chavez ist maduro als vogel erschienen?! HALLO?! spätestens da, MUSS man doch skeptisch werden.. ich hoffe wirklich, dass du nicht im bildungssektor tätig bist... nicht, dass es hier bald auch so knappe wahlergebnisse gibt, sodass man leichter auf die Idee kommt die Ergebnisse zu fälschen...

  • T
    toddi

    Wie erwartet der faschistische Mob marschiert, unterstützt von den Botschaften der USA und Spaniens unterstützt durch die US hörige, überflüssige OAS. "Friedliche Demonstrationen" a la Westen (kennen wir ja schon aus Libyen und Syrien) Zitat "Zwar betonte Capriles in einer äußerst aggressiv vorgetragenen Ansprache ... dass die Protestaktionen »gewaltfrei« sein müßten, doch in mehreren Städten brannten bereits Büros der PSUV. Auch Gesundheitseinrichtungen, in denen kubanische Ärzte arbeiten, waren das Ziel von Übergriffen. ... wurden mindestens vier Regierungsanhänger von Oppositionellen ermordet.“

    Auch die groteske Forderung der Neuauszählung der Stimmen „ mehr als 3.000 Hinweise auf Unregelmäßigkeiten ...“, die bei einem Vorsprung von über 230.000 Wählerstimmen auch nicht das Geringste an Maduros Wahlsieg ändern, ist nur der Aufruf die rechtmäßige Regierung gewaltsam zu stürzen. In der Westpresse und auch in den Privatmedien (die mit bewussten Fälschungen und Lügen schon den ersten Putsch auslösten und sich später vor laufender Kamera damit brüsteten) wird allerdings gezielt verschwiegen Zitat“ Allerdings wird in Venezuela per Wahlmaschine abgestimmt, auf Papier werden lediglich Kontrollzettel ausgedruckt, damit die Wähler überprüfen können, daß ihre Stimme korrekt gewertet wurde... Eine Überprüfung dieser Zettel mit den elektronisch übermittelten Ergebnissen hatte schon am Sonntag auch Wahlsieger Nicolás Maduro vorgeschlagen.„ Nach dem Chavez Putschdilemma - versucht man nun bei Maduro eine Neuauflage. Es bleibt zu hoffen das klare Antworten gefunden werden den faschistischen Wiederholungstätern (zu denen btw auch Capriles zählt) ein für allemal das Handwerk zu legen mit allen adäquaten Mitteln. Nie wieder Chile!!! Leider bewahrheitet sich wieder, das Kapital, Demokratieblabla hin oder her, trennt sich nie kampflos ( dh. Ohne über Leichen gehend) von ihren Pfründen. Daher kämpft um eurer Leben - Venceremos

  • I
    Irmi

    USA hat sich schon in vielen Ländern eingemischt um IHREN Wunschkandidaten an die Macht zu bekommen, die dann ihre Marionetten sind, siehe Mobutu, Kabila sen..

  • A
    Anna

    Unerträglich wie Folterstaaten wie die USA, die schon nachweislich einige Putsche in Südamerika mitfinanziert und aktiv Menschenrechtsverletzungen dort gefördert hat, jetzt mittels der Medien (die Taz macht mit) einen demokratisch gewählten Präsidenten schlecht zu machen. Chavez wurde nicht ohne Grund dreimal wieder gewählt und Maduro wurde gewählt, damit er fortführt, was Chavez angefangen hat. Dies passt den Mächtigen der Welt nicht, da die Ausbeutung vieler Länder und deren Menschen schwieriger wird. Empörend, dass nicht mal die TAz aufklärt, welche Präsidenten wirklich etwas für die Mehrheit der Menschen und die Menschenrechte tut. Aus dem Grund werde ich auch weiter keinen Pfennig an die Taz zahlen. Für Desinformation zahle ich grundsätzlich nicht.

  • J
    Jasmin

    Ist ja klar, dass die USA wenn ein Sozialist gewaehlt wird sich einmischen muss und fuer eine Neuzaehlung ist.

  • US
    uncle sam

    Das ganze Theater erinnert mich sehr an die extrem knappe Entscheidung im Jahr 2000 in Florida, wo von republikanischen Präsidenten eingesetzte oberste Richter die erneute Nachzählung in vielen Wahlkreisen verhinderten und so dem republikanischen Präsidenten zum Sieg verholfen.

    Die Erinnerung daran mag vielleicht der Grund für die Obama-Regierung sein, eine Neuauszählung in Venezuela zu fordern ...

    ... aber eine Forderung der USA ist per Definition erstmal Teufelswerk und schon deshalb sollte in Venezuela genau das Gegenteil gemacht werden.

  • S
    Skeptiker

    Das waren bestimmt nur Kinder von Ausbeutermillionären und Faschisten, die da demonstrierten. Genau wie die 49% der Venezolaner, die diesen Ultrarechten gewählt haben.

  • SD
    Stimme der Demokratie

    "Einmischung in innere Angelegenheiten"?

    Ist das nicht die typische Abwehrfloskel von Diktaturen, wenn es um das Thema Menschenrechte und Demokratie geht?

  • JS
    Johan Schreuder

    Wie war das noch mal mit der bush wahl, hahahaha