Nach Kontamination mit Glyphosat: Schadenersatz für Imker
Eine Agrarfirma verspritzte das Umweltgift in Brandenburg neben Bienenstöcken. Weil dadurch der Honig verunreinigt wurde, muss sie nun zahlen.
Der Brandenburger Imker stellte 2018 rund 90 Bienenstände für 29 Bienenvölker an einen Waldrand im Landkreis Barnim. Im April 2019 bemerkte Seusing, dass der blühende Löwenzahn, der auf einem benachbarten Feld wuchs, wohl mit Pflanzenschutzmitteln besprüht worden war und einging.
Seusing ließ vorsichtshalber den Honig testen, den seine Bienen zuletzt produziert hatten. Tatsächlich war der Grenzwert für den Wirkstoff Glyphosat um das 150-Fache überschritten. Der Imker musste deshalb 550 Kilogramm verunreinigten Honig vernichten. Er hatte Einnahmenausfall und Aufwand von rund 14.500 Euro.
Den Schaden wollte Imker Seusing von der Eigentümerin des benachbarten Feldes, einer niederländischen Agrarfirma, ersetzt bekommen. Diese hatte eingeräumt, dass sie den Löwenzahn mit dem glyphosathaltigen Bayer-Herbizid Durano TF besprüht hatte.
Deutlich erkennbares Kollateralrisiko
Nach einem fast einjährigen Prozess entschied nun das Landgericht Frankfurt (Oder), dass dem Imker in vollem Umfang Schadenersatz zusteht. Die Glyphosatverunreinigung stelle eine Verletzung von Seusings Eigentum dar. Die Agrarfirma hätte nicht einfach losspritzen dürfen, da Seusings Bienenkästen gut sichtbar am Feldrand standen. Im Prozess wurde deutlich, dass der Schaden hätte vermieden werden können, wenn der Löwenzahn vor dem Spritzen gemäht worden wäre.
Offen bleibt aber, was gilt, wenn die Bienenstöcke nicht gut sichtbar direkt neben dem Feld stehen, das gespritzt werden soll. Muss der Imker alle Landwirte der Umgebung informieren, dass sie Rücksicht nehmen sollen? Oder müssen umgekehrt die Landwirte die Umgebung nach Bienenstöcken absuchen? Denkbar sind viele Lösungen. Bienen fliegen manchmal mehrere Kilometer auf der Suche nach Nektar.
Unterstützt wurde Imker Seusing von der Stiftung Aurelia, die sich für eine bienen- und imkerfreundliche Welt einsetzt. Die Stiftung fordert, es solle generell unzulässig sein, dass Landwirte ihre Pflanzenschutzmittel auf blühende Pflanzen spritzen und die Herbizide so von Bienen in den Honig eingebracht werden.
Gegen das Urteil kann nur die Agrarfirma Berufung einlegen, weil sie den Prozess verloren hat.
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