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Nach Erpressungstrojaner „WannaCry“Microsoft gibt Regierungen Mitschuld

In Krankenhäusern, Schulen und Büros stiftet der Angriff mit der Ransomware Unruhe. Der Softwarekonzern Microsoft kritisiert den US-Geheimdienst NSA.

Unternehmen wie die Deutsche Bahn schützen zwar ihre Rechenzentren, aber die Angriffe sollen nun über die einzelnen Geräte erfolgen Foto: dpa

Berlin dpa | Angesichts der Attacke des Erpressungstrojaners „WannaCry“ auf Zehntausende Computer haben Experten gefordert, die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken. „Der Angriff hat eine bestehende Sicherheitslücke ausgenutzt, für die es bereits ein Sicherheitsupdate gab, und er war nur erfolgreich, wo dieses Update nicht aufgespielt wurde“, sagte IT-Experte Michael Backes von der Universität des Saarlandes der Deutschen Presse-Agentur. So etwas könne wieder geschehen.

Um eine bekannte Sicherheitslücke auszunutzen, brauche man nicht beliebig großes Expertenwissen. Der Angriff sei jedoch sehr weitflächig gewesen. „Man hat versucht, mit einer ganz großen Kanone auf Europa und die Welt zu schießen. Das erfordert zumindest viele Personen und wahrscheinlich eine recht hohe finanzielle Unterstützung.“ Es gebe kaum Möglichkeiten, den Hackern auf die Schliche zu kommen.

Die Methode des Angriffs sei nicht neu gewesen, ergänzte Backes. „Neu war, dass plötzlich Ziele angegriffen wurden, die der Öffentlichkeit sehr bewusst machen, wie schlimm so ein Angriff ist, etwa dass Chemo-Patienten nach Hause geschickt wurden, weil man deren Daten nicht mehr hat.“ Es könne noch schlimmer kommen. „Ich erwarte irgendwann auch Angriffe, die umfangreicher, die kritischer sind.“

Man müsse noch mehr für die Sicherheitstechnik tun, sagte Backes, der selbst viele IT-Studenten ausbildet. „Wir sollten die Hürde für die Angreifer zumindest so hoch legen, wie es nur irgendwie geht.“

Der Angriff sollte ein Weckruf sein

Der Softwarekonzern Microsoft gab den Regierungen der betroffenen Länder eine Mitschuld. Der Angriff sei ein weiteres Beispiel, warum das Lagern von Schadprogrammen durch Regierungen ein solches Problem sei, schrieb Microsoft-Präsident Brad Smith in einem Blogeintrag am Sonntag. Der Angriff sollte ein Weckruf sein. Ein vergleichbares Szenario mit konventionellen Waffen wäre, wenn dem US-Militär einige seiner „Tomahawk“-Marschflugkörper gestohlen würden.

Bei der Attacke nutzte die Software eine Sicherheitslücke im Microsoft-Betriebssystem Windows aus, über die sie automatisch neue Computer anstecken konnte. Diese Schwachstelle hatte sich einst der US-Geheimdienst NSA für seine Überwachung aufgehoben, vor einigen Monaten hatten unbekannte Hacker sie aber publik gemacht.

Nach Einschätzung des IT-Experten Ralf Sydekum sind Unternehmen derzeit besonders anfällig für Cyber-Angriffe. „Zurzeit sind viele Unternehmen stärker verwundbar, weil sie ihre Systeme von eigenen Serverparks in die Cloud verlegen, wo andere Sicherheitskonzepte nötig sind“, sagte der Technical Manager des Cyber-Security-Dienstleisters F5 dem Tagesspiegel.

Zu den Kunden von F5 zählt auch die Deutsche Bahn, die ebenfalls Opfer des Angriffs geworden war. Die Unternehmen würden zwar ihre Rechenzentren massiv mit Sicherheitsanwendungen schützen, sagte der Experte, aber die Angriffe würden nun verstärkt über die einzelnen Geräte und Benutzer erfolgen, die weit schwerer zu schützen seien.

Die Aufzugsteuerung im Netz

Wie die Welt berichtet, werden nach TÜV-Einschätzung auch Aufzüge anfälliger für Cyber-Angriffe. Das gehe aus dem neuen Anlagensicherheits-Report 2017 hervor. Gründe dafür seien die rasche Digitalisierung der Aufzugsteuerung sowie mögliche Sicherheitslücken in der Betriebssoftware. Eine TÜV-Süd-Vertreterin weise in dem Report darauf hin, dass die Fernwartung von Aufzügen immer öfter über das Internet erfolge, schreibt die Welt. Aufzugsdaten lägen häufig in der Cloud.

Backes empfahl, stets die Sicherheitsupdates zu laden, sobald sie dem Computer angeboten werden, und Virenprogramme zu installieren. Wenn ein Hacker einen Computer wirklich verschlüssele, habe selbst ein IT-Experte keine Chance, an Daten zu kommen. Da helfe nur eine Sicherheitskopie, aus der man den Rechner wiederherstellen kann.

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3 Kommentare

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  • Seit und auch durch Edward Snowden warnen Hacker (Hacker sind übrigens die Guten!) immer wieder vor genau solch einem Szenario. Aber Wirtschaft und Politiker hielten sich für klüger. Abstreiten, Verharmlosen, das illegale Tun der Dienste schön reden und sogar im nach hinein legalisieren... und jetzt? Jetzt wurde der Schaden vergemeinschaftet! In Deutschland dürfen wir uns bei der Partei mit den Sicherheitskompetenzen bedanken (CDU) und der SPD mit solchen Verbrechern wie Steinmeier - der hat als Kanzleramtsminister dem BND fleißig Dinge per Unterschrift autorisiert die illegal waren. Leider verjährt und durch parlamentarische Immunität geschützt (einzig der DLF hat mal in einer Woche darüber berichtet). Aber hey, interessiert's jemand? Wird darüber in der Presse berichtet? Nein, der Mann wird noch hoch gejubelt. Ich geh dann mal brechen...

     

    PS: und die wundern sich wirklich das sie Wahlen verlieren?

  • Wenn Microsoft für Mängel an eigenen Produkten den NSA verantwortlich macht, klingt das wie: „Haltet den Dieb“! Schließlich muss auch VW für mangelhafte Diesel-Fahrzeuge selbst geradestehen und kann die Schuld nicht auf den Verfassungsschutz abwälzen. Man nennt das Produkthaftung!

     

    Übrigens: Der Job jedes Geheimdienstes der Welt ist es, zu spionieren. Jeder weiß es. Und auch, dass er hierfür jede sich bietende Gelegenheit nutzt. Verantwortlich sind Geheimdienste gegenüber ihrer jeweiligen Regierung und nicht gegenüber einer Privat-Firma. Auch dann nicht, wenn sie ein Riese ist, wie Microsoft.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Pfanni:

      Lieber so als andersum die Regierung die den Geheimdienst kontrolliert kann man abwählen, was Microsoft im Hitnergrund macht weis keiner und kontrolliert auch niemand.