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Nach Entlassung wegen EhebruchEuropagericht rügt Kirche

Die Katholische Kirche in Deutschland hat einem Organisten zu Unrecht wegen Ehebruchs gekündigt. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag entschieden.

Arbeit ohne Recht auf Privatleben? Nein, stellt der EU-Menschengerichtshof klar. Bild: dpa

STRASSBURG dapd/dpa/afp | Kirchen dürfen Mitarbeitern bei außerehelichen Beziehungen nicht automatisch kündigen. Vielmehr muss die Position des Mitarbeiters innerhalb der Kirche berücksichtigt werden, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am Donnerstag in zwei Urteilen feststellte. Zwei 53 und 51 Jahre alte Männer hatten gegen ihre Kündigung ohne vorherige Abmahnung geklagt und waren zuvor von deutschen Arbeitsgerichten abgewiesen worden.

In einem Fall erklärten die Straßburger Richter die Kündigung eines Chorleiters in der katholischen Kirche für menschenrechtswidrig. Die Straßburger Richter gelangten zu dem Schluss, dass der Oragnist zwar vertraglich zugesagt habe, die Grundsätze der Katholischen Kirche zu beachten, was sein Recht auf Privatleben "in gewissem Maße einschränkte". Diese Zusage habe aber nicht als "eindeutiges Versprechen" verstanden werden können, im Falle einer Trennung oder Scheidung ein enthaltsames Leben zu führen.

Der Mann hatte sich von seiner Ehefrau getrennt und lebte mit einer neuen Partnerin zusammen, die ein Kind von ihm erwartete. Auch hätten die deutschen Arbeitsgerichte nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Organist aufgrund seiner Qualifikation nur sehr schwer eine andere Arbeit außerhalb der Kirche habe finden können.

Im Gegensatz dazu seien im zweiten Fall von den Arbeitsgerichten alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt worden. Der Menschenrechtsgerichtshof billigte die Kündigung eines Mormonen, der Direktor für Öffentlichkeitsarbeit war und ein außereheliches Verhältnis hatte.

Da er als Mitglied der Mormonen die strengen Treuevorschriften kannte und die Glaubensgemeinschaft in herausragender Position nach außen vertrat, stelle seine Kündigung keinen Verstoß gegen die Achtung seines Privat- und Familienlebens nach der Europäischen Menschenrechtskonvention dar, erklärten die Richter.

Das Urteil wurde von einer Kleinen Kammer gefällt und ist nicht definitiv: Die Bundesregierung kann innerhalb von drei Monaten Rechtsmittel einlegen, indem sie eine Überprüfung durch die Große Kammer des Straßburger Gerichts fordert.

Das Straßburger Urteil berührt das Kirchenrecht in Deutschland, wonach die Kirchen unter anderem eigene Regeln für Kündigungen festlegen können. So können sie bislang Mitarbeiter für ein Verhalten außerhalb des Dienstes entlassen, das den Werten und Prinzipien ihrer Glaubensgemeinschaft widerspricht.

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7 Kommentare

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  • C
    Celsus

    MIch wundert nur eins: Pädophile wurden gedeckt und konnten weiterhin sogar im gleichen Bereich arbeiten. Wenn es dann aber um den Ehebruch eines Nicht-Priesters geht, kommt direkt eine Entlassung. Ist da nicht eine gehörige Portion Doppelmoral drin?

  • A
    Amos

    Die Justiz stand schon immer auf der Seite der Macht und des Geldes. Das sieht man an den laschen Urteilen

    gegen korrupte Politiker und korrupten Managern. Gut, dass sich da der europäische Gerichtshof mal einmischt.Wer sich hier nicht wehren kann, bekommt auch keine Gnade. Das wiederum sieht man an den Urteilen,"Kündigung wegen eines entwendeten Brötchens",

    indessen aber die Ausbeuter die Menschen mit sittenwidrigen Löhnen abspeisen dürfen.

  • I
    immergrün

    Es wird ja auch Zeit, dass jemand die Sonderregeln im Arbeitsrecht für die Kirchen kippt. Hier denke ich auch an das Streikrecht. Der "Dritte Weg" ist tot! Wenn die Kirchen einen Sonderweg einschlagen wollen, können Sie auf der anderen Seite auch nicht verlangen, dass der Staat die Kirchensteuer einzieht. Wenn schon Trennung dann richtig!

  • B
    bastapapsta!

    Dieses Urteil war dringend fällig, da in dieser Bananenrepublik keine Gerechtigkeit herrscht.

    Da wurde dieser Mitarbeiter gekündigt, ob wohl diese Sozialschmarotzer ( die obrigen der Kirche )

    nicht wenig Geld vom Staat kassieren.

     

    Wie siehts eigentlich aus, wenn ein Ranghöherer dieser Sekte mal ein Vehlverhalten begeht ?

     

    Bischof Mixa ist das beste Beispiel. Er wurde dazu gebracht, seine Rücktrittserklärung einzureichen, bleibt unabhängig davon Bischof ohne festen Bischofssitz. Er lebt nun in Saus und Braus in einer 32 Zimmer Villa mit Bier bzw. Weinkeller, mit Haushälterin, Chuffeur usw.

    Der richtige Ort um seinen Spiegel zu halten, auch wenn er in denselbigen nicht mehr blicken kann. Was er machte war nicht so harmlos, aber sich in perfider Weise Ministranten sexuell aufdringen kann man sich als hohes tier eher erlauben, als die Entscheidung eines kleinen Mitarbeiters, sein Leben mit einer neuen Frau zu verbringen. Mixa lebt jetzt wie die Made im Speck, hier ist der Begriff Sozialschmarotzer mal richtig angebracht !

     

     

    Link zu www.kreuz.net

  • C
    Carsten

    Verstehe ich das richtig?

    Wenn ein erwachsener Mann und eine erwachsene Frau ein Verhältnis haben ist das nach Kirchenrecht ganz, ganz böse.

    Wenn ein erwachsener Mann Kinder f***t ist das aber vollkommen okay, oder wie?

    GEHTS NOCH?

    Das ist Deutschland, das ist Kirchen"recht".

  • A
    Alfred

    Die Kündigung von Kirchenangestellten bei außerehelichen Verhältnissen ist nachvollziehbar und richtig.

     

    Nicht etwa aus moralischen oder religiösen Gründen; der Grund ist, dass die Kirche immer noch Anlaufstation Nr.1 für viele Ehefrauen ist. In der Regel sind Kirchenmitarbeiter daher "Frauenversteher". Es ergeben sich tagtäglich Beischlafmöglichkeiten mit psychisch ungefestigten RatsuchendInnen. Insofern ist das Verhältnis zwischen Laien und Kirchenmitarbeitern immer auch eine Art Abhängigkeitsverhältnis.

     

    Ein Ehemann mit normalem Beruf kann dem musich-künstlerische Eititei eines Organisten nichts entgegensetzen.

     

    Aus meiner eigenen Gemeindearbeit kenne ich unzählige Techtelmechtel zwischen Midlifecrisis-Frauen und Kirchenfuzzis. Inzwischen ist die Tätigkeit in Taizegruppen etc. ein beliebter Platz zum Aufreißen von Frauen. Dem muss Einhalt geboten werden.

     

    Insofern finde ich das Urteil falsch.

  • BS
    Bernd Schäfert

    Religion ist Diskriminierung und Tyrannei, egal ob imperialrömisch oder mohammedamisch.

     

    Der Staat und Arbeitrecht werden mit einer humanistischen Leitkultur am besten fahren.