Nach Dienstaufsichtsbeschwerde der AfD: Solidarität mit Polizei-Chef

Oldenburgs Polizei-Chef Johann Kühme warnte vor der AfD. Die reagierte mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Nun gibt es Solidaritätsbekundungen für Kühme.

Johann Kühme steht vor einem Steg der Wasserschutzpolizei im Hafen.

Sieht die AfD als Gefahr für die Demokratie: Oldenburgs Polizei-Chef Johann Kühme Foto: dpa | Hauke-Christian Dittrich

OSNABRÜCK taz | Johann Kühme ist ein mutiger Mann. Wenn es um Umtriebe der Rechten geht, nimmt er kein Blatt vor den Mund. Selbst Morddrohungen schrecken ihn nicht. Kühme ist Präsident der Polizeidirektion Oldenburg. Zumal mit Niedersachsens AfD liefert er sich Gefechte. Derzeit versucht deren Landtagsfraktion, ihn durch eine Dienstaufsichtsbeschwerde kaltzustellen; er habe seine Neutralitätspflicht verletzt.

Kühme hatte der AfD jüngst in einem Interview mit der Nordwest-Zeitung vorgeworfen, eine „Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung“ zu sein, Lügen zu verbreiten, Ängste zu schüren, Intoleranz zu produzieren, das subjektive Sicherheitsgefühl zu manipulieren. Kühme, seit Ende 1977 bei der Polizei, kennt solche Störfeuer. Sie beunruhigen ihn nicht. Die Unterstützung für ihn ist groß. In der Polizei, in der Politik.

„Das Grundgesetz und die staatlichen Organe sind nicht neutral gegenüber ihren Feinden“, sagt Michael Lühmann, innenpolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen im niedersächsischen Landtag. „Deswegen ist es richtig und wichtig, dass die Polizei davor warnt, dass unsere Demokratie von rechts angegriffen wird.“ Häufig missbrauche die AfD die Polizei, „um völkische, rassistische und autoritäre Fantasien zu verbreiten“. Lühmann: „Wir Grüne stehen ganz klar hinter Johann Kühme.“

Ähnliches kam von der Landtagsfraktion der SPD. Die Polizei lasse sich nicht für politische Zwecke missbrauchen, sagt Alexander Saade, ihr polizeipolitischer Sprecher. Die Fraktion danke Kühme „für seine klare Haltung“.

Lebensthema Antifaschismus

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) Niedersachsen sichert Kühme „volle Solidarität“ zu. Er habe „eindeutig benannt, wie die AfD die Bürgerinnen und Bürger bewusst und gezielt täuscht, um ihre Ziele durchzusetzen“, sagt Landesvorsitzender Kevin Komolka: „Er hat aufgezeigt, dass die Partei die Arbeit der Polizei, ihre Berichte und Statistiken missbraucht, wenn sie sie falsch darstellt, verdreht oder ­manipuliert.“

Bedenke man, „dass die AfD vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall einer extremistischen Bestrebung angesehen wird, dass eine ihrer zentralen Führungspersonen ein Faschist ist und die Jugendorganisationen der AfD in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextremistisch gelten“, sei es Kühmes Aufgabe, die Bevölkerung vor dieser Gefahr zu warnen.

Kühme, Jahrgang 1958, verheiratet, zwei Kinder, Verfechter eines Verbots der NPD, hat mal gesagt, der Kampf gegen rechts, gegen Hass und Hetze, sei sein „Lebensthema“.

Unvergessen, wie er im ammerländischen Godensholt ein Rechtsrock-Konzert von Skinheads aufgelöst hat, in einer Gaststätte: Der Wirt übergab der Polizei kurzzeitig das Hausrecht, Kühme ging in den Saal, mit einer Beweismittelsicherungs- und Festnahmeeinheit aus Hannover, Minuten später war der Spuk vorbei.

Unvergessen auch, dass er auf einem Vortrag in Oyten erklärte, er sei entsetzt und schäme sich, „wenn Bundestagsabgeordnete der AfD muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger pauschal als Kopftuchmädchen und Messermänner bezeichnen oder die Nazi-Gräueltaten als Vogelschiss in der deutschen Geschichte verharmlosen“.

Derzeit prüft das niedersächsische Innenministerium die Dienstaufsichtsbeschwerde der AfD. Zur aktuellen Debatte um das Interview in der Nordwest-Zeitung teilt Kühme der taz mit, er werde sich „zunächst nicht weiter äußern“. Zu schweigen, wenn Rechte zur Gefahr werden, bedeutet das nicht.

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