Nach Anschlag auf Togo-Mannschaft: Angola schafft Wahlen ab
Der Gastgeber des Afrika-Cups spielt Foul mit der Verfassung: In Reaktion auf den Rebellenangriff auf Fußballer schafft Angola die Präsidentschaftswahl ab.
BERLIN taz | Nach dem blutigen Anschlag auf Togos Fußballnationalmannschaft in der angolanischen Exklave Cabinda zentralisiert Angolas Regierung die Macht in dem Land weiter. Wie der Staatsrundfunk gestern ankündigte, soll das Parlament nächste Woche eine neue Verfassung annehmen, die die Direktwahl des Staatspräsidenten sowie das Amt des Premierministers abschafft. Stattdessen wird der Führer der stärksten Partei automatisch Staatschef, und anstelle eines Regierungschefs gibt es einen dem Präsidenten direkt unterstellten Vizepräsidenten. Damit wäre alle Macht in den Händen eines nicht abwählbaren Staatschefs konzentriert.
Angolas 67-jähriger Präsident José Eduardo dos Santos ist ohnehin nie vom Volk gewählt worden. Er übernahm die Macht 1979, zum Höhepunkt des angolanischen Bürgerkriegs, nach dem Tod seines Vorgängers und Befreiungshelden Agostinho Neto. Der erste und letzte Versuch einer pluralistischen Wahl scheiterte 1992, als dos Santos von der alleinregierenden sozialistischen Befreiungsfront MPLA (Volksbewegung zur Befreiung Angolas) gegen den Chef der lange Zeit von Apartheid-Südafrika unterstützten Rebellenbewegung Unita (Nationalunion für die totale Unabhängigkeit Angolas), Jonas Savimbi, antrat. Dos Santos erzielte 49,6 Prozent gegenüber 40,1 Prozent für Savimbi, aber dann erkannte Savimbi seine Niederlage nicht an und zog erneut in den Krieg, was dos Santos die Stichwahl ersparte. Seit Savimbis Tod 2002 ist der Krieg in Angola zu Ende, mit Ausnahme der separatischen Rebellion in Cabinda, aber neue Präsidentschaftswahlen hat die MPLA seither vermieden. Bei Parlamentswahlen im Jahr 2008 gewann die MPLA haushoch mit 81,6 Prozent, während die Unita nur noch 10,4 Prozent erzielte. Danach verschob die Regierung die eigentlich als Nächstes fällige Präsidentenwahl auf 2012.
Auf diese Weise hat dos Santos und sein Umfeld von den Abermilliarden profitieren können, die der Aufstieg Angolas zum zweitgrößten Ölförderer Afrikas südlich der Sahara dem Land und seiner nach wie vor staatlich dominierten Wirtschaft beschert hat. Die Hälfte der Ölförderung kommt aus den Küstengewässern Cabindas, was erklärt, warum die Regierung keinesfalls die Sezession oder auch nur die Autonomie dieser Exklave in Erwägung ziehen will. Unabhängige Kritiker werfen der MPLA schon lange vor, eine demokratische Öffnung und mehr Transparenz im Ölsektor zu verschleppen.
Der medienwirksame Angriff der Cabinda-Rebellenbewegung FLEC (Befreiungsfront des Staates Cabinda) auf Togos Fußballer, afrikaweit als Terrorangriff gegeißelt, dient jetzt nach Meinung der Opposition als Vorwand für die Regierung, noch autoritärer vorzugehen. Einige Beobachter rechnen mit einer massiven Repressionswelle vor allem in Cabinda nach dem Ende des Afrika-Cups am 31. Januar. In Cabinda sind jetzt schon 50.000 Soldaten unter 500.000 Einwohnern stationiert.
Mit internationaler Kritik rechnet Angolas Regierung dabei offenbar nicht. Erst im August hatte US-Außenministerin Hillary Clinton bei ihrer Afrikareise Angolas Reise zu verstärktem Kampf gegen Korruption aufgerufen und die Hoffnung ausgedrückt, die geplanten Präsidentschaftswahlen würden dazu beitragen. Die USA sind der größte Abnehmer angolanischen Erdöls.
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