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NSU-ProzessBGH-Chef gegen Videoübertragung

Ein Strafprozess folgt eigenen Regeln, sagt BGH-Präsident Klaus Tolksdorf. Deshalb rät er von einer Videoübertragung des NSU-Prozesses ab.

Hier geht es zum Gerichtssaal, in dem der NSU-Prozess stattfinden soll. Bild: reuters

KARLSRUHE dpa | BGH-Präsident Klaus Tolksdorf hat Bedenken gegen eine Videoübertragung aus dem Münchner NSU-Prozess geäußert. „Die rechtlichen Fragen einer solchen Übertragung sind hochschwierig“, sagte er am Mittwochabend bei einem Pressegespräch in Karlsruhe. Wenn Angeklagte und Zeugen in Kameras und Mikrofone sprechen müssten, könnte dies eine zusätzliche Belastung für sie darstellen.

Medienvertreter und Politiker hatten ein solches Verfahren vorgeschlagen, damit möglichst viele Journalisten auch aus dem Ausland den Prozess gegen die rechtsextreme Terrorzelle NSU verfolgen können, der am 17. April in München beginnt.

Im bisher vorgesehenen Verhandlungssaal ist nur Platz für 50 Journalisten, bei dem umstrittenen Auswahlverfahren war kein Vertreter aus der Türkei zum Zuge gekommen.

Die Tatsache, dass in anderen europäischen Gerichten und auch beim Bundesverfassungsgericht solche Video- oder Tonübertragungen in Pressezimmer üblich sind, ließ Tolksdorf nicht gelten. Dort seien die Verfahrensbeteiligten meist Medienprofis, in Strafprozessen habe man es dagegen oft mit einfach gestrickten Menschen zu tun, die durch den Einsatz von Medien verunsichert werden könnten, sagte der Präsident des Bundesgerichtshofes. „Videoübertragung passt nicht zu einem Strafverfahren.“

Zeugen müssen sich entfalten können

Auch die Verlegung in einen größeren Saal hält Tolksdorf nicht für geeignet, weil dann ein Schauprozess drohe. „Eine Messehalle bietet nicht die räumlichen Umstände, in denen sich Zeugen entfalten können“, sagte der Präsident.

Grundsätzlich müsse sich ein solches Verfahren den Interessen eines Strafprozesses unterwerfen – „und nicht den Bedürfnissen der Medien, darüber berichten zu können.“ Zum Münchner Auswahlverfahren wollte sich Tolksdorf nicht äußern, da das NSU-Verfahren im Falle einer Revision zum Bundesgerichtshof kommt.

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4 Kommentare

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  • I
    ickmalwieder

    Einer der bedeutesten Nazi-Prozesse seit Nachkriegsnazideutschland beginnt ohne internationale Presse? Was haben wir zu verbergen?

  • T
    Teermaschine

    Wen interessiert die Meinung eines Juristen? - Wir wollen mehr von abgehalfterten JournalistInnen und empörten HandwerkspräsidentInnen lesen.

  • A
    Annelies

    Wenn ich das noch richtig in Erinnerung habe bzw. noch richtig informiert bin, ist doch das Filmen in einem Gerichtssaal grundsätzlich nicht erlaubt. Dazu gehört dann auch die Videoübertragung, die ja auch eine Art "Filmen" ist. Ebenso winzige "versteckte Kameras" sind nicht erlaubt. Allenfalls Bleistiftzeichnungen dürfen während eines Prozesses angefertigt werden.

     

    Wenn dem so ist, ziehe ich mein bisheriges Eintreten für eine Videoübertragung im Nebenraum wieder zurück.

  • A
    Ah-ja

    Sind die "einfach gestrickten Menschen" eigentlich Originalton?