NSU-Prozess in München: Böhnhardt-Mutter dankt Zschäpe
Nach dem Tod ihrer Komplizen informierte Beate Zschäpe die Eltern von Böhnhardt und Mundlos. Dafür ist ihr Brigitte Böhnhardt noch immer dankbar.
MÜNCHEN dpa | Die Mutter des mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt hat Beate Zschäpe im Gerichtssaal für einen Anruf nach dem Tod ihres Sohnes gedankt. Am zweiten Tag ihrer Zeugenaussage im NSU-Prozess erzählte Brigitte Böhnhardt, wie Zschäpe sie anrief, nachdem sich ihre Komplizen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen hatten.
Zschäpes Stimme habe „ganz dünn und zittrig“ geklungen. „Es ist ihr sicherlich ganz schwer gefallen, die Eltern zu informieren“, sagte Böhnhardt. Später wandte sie sich direkt an die Hauptangeklagte: „Danke, dass Du's trotzdem gemacht hast.“
Zschäpe schaute die Mutter ihres ehemaligen Freundes aufmerksam an, zeigte aber keine eindeutige Reaktion. Uwe Mundlos hatte am 4. November 2011 zunächst Uwe Böhnhardt und dann sich selbst erschossen, um der Festnahme zu entgehen. Am nächsten Morgen gegen sieben Uhr habe Zschäpe sie angerufen, erzählte Brigitte Böhnhardt.
„Ich bin ihr eigentlich heute noch dankbar dafür, dass wir noch vor der Polizei wussten, was passiert war.“ Zunächst habe sie gedacht, die drei Untergetauchten wollten sich stellen. Dann aber habe Zschäpe gesagt: „Der Uwe kommt nicht mehr.“
Als ihr Sohn 1995 oder 1996 Beate Zschäpe als Freundin mit nach Hause brachte, habe sie sich gefreut, sagte Brigitte Böhnhardt. „Ich fand sie auf Anhieb sympathisch, sie war höflich und nett.“ Äußerlich habe nichts an ihr auf eine rechte Gesinnung hingedeutet. Auch bei Familienfeiern sei sie dabei gewesen: „Sie gehörte einfach zur Familie.“
„Sie war immer freundlich“
Dabei hatte sich Zschäpe der Anklage zufolge seit 1995 aktiv in der rechten Szene beteiligt. Sie ist als Mittäterin an allen zehn Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) angeklagt. Die Wahrnehmung der Mutter war eine andere: „Sie war immer freundlich, so dass sie für mich nach wie vor dieses Mädchen bleibt: Uwes erste feste Freundin.“
Für die Angehörigen der Opfer fand Brigitte Böhnhardt auch am Mittwoch zunächst keine Worte des Bedauerns. Ihre Vernehmung sollte am Nachmittag fortgesetzt werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart